Berlin – Im Streit um das Besuchsrecht deutscher Abgeordneter bei Bundeswehr-Soldaten auf der Nato-Basis Incirlik signalisiert der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu ein Einlenken. "Wenn Deutschland sich weiter so verhält wie jetzt, dann werden wir das erwägen", sagte Çavuşoğlu der Tageszeitung "Welt". "Wenn Deutschland aber versucht, die Türkei schlecht zu behandeln, dann ist das nicht der Fall."

Deutschen Abgeordneten war nach der Verabschiedung der Armenier-Resolution des Bundestags der Besuch des Stützpunkts verweigert worden. Die deutsche Regierung hatte kürzlich mit dem Hinweis, dass die Resolution des Bundestags nicht juristisch bindend sei, zu einer Besänftigung der türkischen Regierung beigetragen. Kanzlerin Angela Merkel hatte bereits gesagt, dass sie mit einer baldigen Besuchserlaubnis rechne.

Millioneninvestition

Die deutsche Bundeswehr richtet sich laut "Spiegel" darauf ein, ihren Einsatz zur Unterstützung der Anti-IS-Koalition vom türkischen Stützpunkt Incirlik aus fortzusetzen. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Gerd Hoofe, habe ein Investitionsbudget von insgesamt 58 Millionen Euro für den deutschen Einsatz auf dem Stützpunkt Incirlik freigegeben, meldete das Magazin am Dienstag im Voraus.

Mit dem Budget sollten in Incirlik für rund 26 Millionen Euro ein Flugfeld für die deutschen Tornado-Aufklärungsjets sowie Unterkunftscontainer gebaut werden. Für weitere 30 Millionen Euro solle die Luftwaffe einen mobilen Gefechtsstand beschaffen. Für diesen müsse ein Fundament gebaut werden, für das weitere zwei Millionen Euro eingeplant seien, berichtet der "Spiegel". Ein Ministeriumssprecher sagte dem Blatt, der Kauf des Gefechtsstands sei unabhängig vom Einsatz in Incirlik nötig gewesen, die Technik könne auf jeder anderen Basis eingesetzt werden.

"Türkei ist kein zweitklassiges Land"

Çavuşoğlu sagte der "Welt", niemand solle von der Türkei erwarten, dass sie immer noch freundlich bleibe, wenn sie schlecht behandelt werde: "Die Türkei ist kein zweitklassiges Land."

Çavuşoğlu traf am Mittwoch in Straßburg mit Vertretern des Europarats zusammen und versprach "transparente Prozesse" gegen die mutmaßlichen Putschisten. Dabei würden die Standards der Europäischen Menschenrechtskonvention eingehalten, sagte er am Mittwoch nach einem Treffen mit dem Generalsekretär des Europarats, Thörbjorn Jagland, in Straßburg.

Die Menschenrechtskonvention bleibe für die Türkei die "Leitlinie", versicherte Çavuşoğlu. Dies gelte auch für "diese schweren Zeiten nach dem blutigen und tödlichen Putschversuch". Die Türkei werde weiterhin eng mit dem Europarat zusammenarbeiten.

Kooperation mit Experten des Europarats

Jagland mahnte, bei den Strafverfahren gegen mutmaßliche Putschisten müssten alle rechtsstaatlichen Garantien eingehalten werden. Dies gelte vor allem für das Prinzip der Unschuldsvermutung. Die Türkei müsse verhindern, dass im Zuge der Verfahren "eine Flut von Klagen" beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte lande.

Die türkische Regierung habe sich bereiterklärt, bei den Verfahren mit Experten des Europarats zusammenzuarbeiten, sagte Jagland weiter. Dazu sei bereits in der vergangenen Woche eine Gruppe türkischer Juristen nach Straßburg gekommen. Die Zusammenarbeit werde "auf allen Ebenen fortgesetzt und noch enger werden, versicherte die amtierende Vorsitzende des Ministerkomitees des Europarats, die estnische Außenministerin Marina Kaljurand. (APA, 7.9.2016)