Eines muss man Hans Jörg Schelling lassen: Er hat die heiße Hypo-Kartoffel, nachdem sie die Politik jahrelang fallen gelassen hat, endlich angefasst. Mit einem ebenso raffinierten wie riskanten Abwicklungsgesetz ermöglichte der Finanzminister eine Gläubigerbeteiligung und setzte damit in Europa erstmals neue Standards. Der Wille zählt, aber das Ergebnis letztlich auch. Und das ist mehr als dürftig. Die finanziellen Lasten bleiben weitgehend beim Steuerzahler, die Reputation des Landes und das Vertrauen in den Rechtsstaat wurde arg strapaziert. Und ein Blick auf Kärnten zeigt, dass der Hypo-Lerneffekt dürftig ist.

Doch der Reihe nach: Seit Dienstag liegen die Eckdaten des beabsichtigten Deals mit den Gläubigern der heutigen Heta vor. Sie sind gezeichnet vom schweren Stand, den Schelling und Kärnten im Tauziehen mit den Investoren hatten, die auf Begleichung der Schulden in Höhe von elf Milliarden Euro pochen. Erst blitzte Österreich mit dem Schuldenschnitt ab, dann verbesserte es das Angebot mit einem attraktiven Umtausch in Nullkuponanleihen, um dann bei deren Konditionen noch einmal deutlich nachzubessern.

Jetzt hat er die Investoren großteils im Boot, ein Scheitern der ganzen Aktion gilt als unwahrscheinlich. Doch darf bezweifelt werden, dass die Vorgangsweise irgendetwas gebracht hätte. Die Forderungen werden mit den Maßnahmen lediglich um rund 1,5 Milliarden Euro gekürzt. Diesem "Erfolg" steht ein erhebliches Rechtsrisiko gegenüber, weil eine Minderheit der Gläubiger weiterprozessieren wird. Zudem werden heimische Banken wegen wiederholter Anlassgesetzgebung an den internationalen Kapitalmärkten gemieden, was ebenfalls volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Und ob sich die Republik Österreich auch künftig so günstig refinanzieren wird, wird sich erst nach Ende der EZB-Anleihenkäufe zeigen.

Zum Scheitern verurteilt war die ganze Vorgangsweise schon allein wegen der Kärntner Haftungen. Die sind ein leidiges Thema, doch die vertraglichen Verpflichtungen sind nun einmal rechtlich klipp und klar. Wer daran rüttelt, bekommt nicht nur Probleme mit dem Verfassungsgerichtshof, sondern rüttelt am Vertrauen in die Republik. Umso tragischer ist es, dass Kärnten für seine Zusagen nicht einstehen musste. Mit einem unglaubwürdigen Armutsgelübde bei gleichzeitigem Schlendrian in der Verwaltung wollte die Landesregierung weismachen, die Zeche nicht zahlen zu können.

Der Bund fiel darauf hinein, begrenzte den Heta-Beitrag Kärntens mit 1,2 Milliarden, die obendrein noch von Schelling zu Topkonditionen finanziert (und wohl nicht gänzlich beglichen) werden. Zudem kommt der Steuerzahler für den Aufpreis an die Gläubiger auf, ohne den eine Einigung nicht möglich gewesen wäre. Die schon jetzt stolze Rechnung von 8,5 Milliarden wird daher mit Sicherheit noch elfstellig werden. Die Gläubiger hätten nur die Hosen runtergelassen, wenn die Insolvenz Kärntens ernsthaft im Raum gestanden wäre. Doch dieser Trumpf wurde kläglich verspielt.

Wenigstens die richtigen Lehren hätte man aus dem Debakel ziehen können: die Länderhaftungen strikt zu begrenzen. Doch selbst auf diese Selbstverständlichkeit wartet man bis heute vergeblich. Es bedarf offenbar noch eines Skandals à la Hypo Alpe Adria, bis Österreich aufwacht. Ja: Schelling hat die heiße Kartoffel endlich angefasst, aber: Er hat sich dabei gehörig die Finger verbrannt. (Andreas Schnauder, 6.9.2016)