Die Obmanndebatte in der ÖVP ist abgeblasen, zumindest vorerst. Sebastian Kurz, der Nachwuchsstar der Partei, wird zwar heftig hofiert, hat parteiintern und auch über die Medien aber dezidiert erklärt, nicht als Nachfolger von Reinhold Mitterlehner zur Verfügung zu stehen – noch nicht. Das mussten schließlich auch jene Länder zur Kenntnis nehmen, die Kurz lieber heute als morgen als zugkräftigen Kandidaten an der Spitze der Partei gesehen hätten – durchaus auch im eigenen Interesse. In Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Salzburg finden 2018 auch Landtagswahlen statt, diese Länder hätten sich jetzt schon mehr Rückenwind durch den Parteichef erhofft, als ihn Mitterlehner derzeit zu erzeugen in der Lage ist. Im Übrigen wird 2018 auch auf Bundesebene gewählt, also ist es durchaus wahrscheinlich, dass es bis dahin einen anderen Spitzenkandidaten als Reinhold Mitterlehner geben wird. Und der wird wohl Sebastian Kurz heißen.

Bis dahin wird Mitterlehner versuchen, den Deckel auf dem Topf zu halten, so gut es eben geht, und den unterschiedlichen Interessen von Ländern und Bünden halbwegs gerecht zu werden. Mit einer Personalentscheidung hat Mitterlehner versucht, sich erst einmal Luft zu verschaffen: Er hat – zum Erstaunen vieler im Parteivorstand – den Generalsekretär ausgetauscht und Peter McDonald durch Werner Amon ersetzt. Das ist nicht unbedingt ein Zeichen der Erneuerung. Allerdings war offensichtlich, dass es McDonald, der erst vor knapp einem Jahr geholt worden ist, nicht gelungen ist, in der Partei etwas zu bewegen, und dass er selbst in der Außenwirkung praktisch nicht wahrnehmbar war. Kommunikation war nicht seine Stärke – für einen Parteimanager jedenfalls ein Handicap.

Jetzt muss Amon ran, der erfahren im Umgang mit der Partei und der Öffentlichkeit ist, aber nicht als Vertreter der feinen Klinge gilt. Wieder einmal geht es darum, das Profil der Volkspartei zu schärfen. Da wird sich auch der Koalitionspartner in Acht nehmen müssen: Gemeinsam mit Klubobmann Reinhold Lopatka ist der Einsatz der Doppelkeule zu fürchten – mit Schlagrichtung SPÖ.

Wenn das Schärfen und Zuspitzen aber nicht mehr hilft, könnte es die ÖVP auch wieder mit Themen probieren und auf Argumente und Überzeugungsarbeit setzen. Ein inhaltlicher Zugang wäre zur Abwechslung eine Wohltat, nicht nur für die Medien. Dem könnten vielleicht auch die Wähler folgen. Man sollte sie nicht unterschätzen. (Michael Völker, 5.9.2016)