An den Grenzen könnte bald noch mehr kontrolliert werden.

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Wien – Vor der Notverordnung stand noch die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel auf der Agenda. Innenminister Wolfgang Sobotka war am Montag in die ARD-Sendung Hart aber fair eingeladen um der Frage nachzugehen: "Hat Merkel ihre Bürger überfordert?" Weil man im Innenressort aber auch eine Überforderung in Österreich befürchtet, sollen am Dienstagnachmittag die letzten Details der seit Monaten diskutierten Sonderverordnung zur Einschränkung des Asylrechts mit der SPÖ geklärt werden. Danach ist eine vierwöchige Begutachtung geplant.

Über einen ersten Entwurf hatte der STANDARD berichtet. In den Erläuterungen des Papiers wird ausführlich erklärt, warum in Österreich die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit durch die hohe Zahl an Flüchtlingen gefährdet seien. Der zunächst 20-seitige Text wurde zuletzt noch gestrafft, die SPÖ war bemüht, Passagen, die ein besonders bedrohliches Szenario zeichneten, zu streichen. So wollte das Sozialressort nicht von "enormen Belastungen", sondern nur von "zusätzlichen Herausforderungen" am Arbeitsmarkt reden, das Bildungsressort will in seinem Bereich nicht von "kaum zu bewältigenden Herausforderungen" sprechen.

Richtwert 2017 niedriger

Das Innenministerium drängt auf scharfe Formulierungen, weil man glaubt, mit diesen bei etwaigen Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof besser bestehen zu können.

Letztlich gingen am Montag aber Vertreter beider Regierungsparteien davon aus, dass man einen gemeinsamen Text vorlegen wird. Zu welchem Stichtag die Verordnung in Kraft treten soll, war noch offen. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil meinte zuletzt, das könnte bei 30.000 zugelassenen Asylanträgen der Fall sein – also deutlich vor dem für heuer anvisierten Richtwert von 37.500.

Voraussichtlich wird die Verordnung, die das direkte Abweisen von Flüchtlingen ermöglichen würde, für sechs Monate erlassen. Sie würde also bis weit ins Jahr 2017 hinein gelten. Diesen Schritt setzt man, weil man nächstes Jahr die Antragszahlen von Anfang an niedrig halten will. Zur Erinnerung: Der Richtwert für 2017 wurde etwas niedriger als jener für das heurige Jahr angesetzt – nämlich bei 35.000.

Alle Außengrenzen

Was bisher noch wenig diskutiert wurde: Bevor die Sonderverordnung umgesetzt werden kann, müssen die Grenzkontrollen auf eine neue rechtliche Basis gestellt werden. Aktuell hat Österreich eine Genehmigung der EU-Kommission bis zum 17. November – und nur für die Grenze zu Ungarn und Slowenien.

Die neue Grenzkontrollverordnung, die derzeit ebenfalls vorbereitet wird, würde grundsätzlich für alle Außengrenzen gelten. Das heißt zwar nicht, dass tatsächlich immer und überall kontrolliert werden muss, im Rahmen des Assistenzeinsatzes durch das Heer soll aber zumindest die Möglichkeit dafür geschaffen werden. In einer ersten Phase (für zwei Monate) könnte Österreich im Alleingang diesen Schritt setzen – muss ihn aber gegenüber der EU-Kommission begründen. Danach bräuchte es eine neue Genehmigung aus Brüssel.

Ebenfalls vorbereitet werden müssen Registrierstellen, in denen Flüchtlinge nach Inkrafttreten der Notverordnung zwei Wochen lang festgehalten werden könnten. (Günther Oswald, 5.9.2016)