ÖVP-Generalsekretär Werner Amon sitzt seit 1994 im Parlament.

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Wien – Eines stellte der neue ÖVP-Generalsekretär Werner Amon gleich am Montag klar: "Wir denken nicht daran, uns aufzulösen." Die Struktur der Volkspartei, die sich in sechs Bünden organisiert, sei weiterhin zeitgemäß und die personelle Aufstellung der Partei ausgezeichnet. Amon soll sich darum kümmern, das Profil der Partei zu schärfen, kündigte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner bei einer Pressekonferenz am Montag an.

Nicht zuletzt Mitterlehner selbst hatte in den vergangenen Tagen Gerüchte angeheizt, wonach in der Volkspartei bald ein Obmannwechsel stattfinden könnte. Im ORF-Sommergespräch sagte er vergangenen Montag: "Ich stehe niemandem im Weg." Zudem wollte er sich nicht darauf festlegen, wer die ÖVP als Spitzenkandidat in die nächste Nationalratswahl führen soll. Die meisten in der Partei sind sich einig, dass Außenminister Sebastian Kurz diese Aufgaben übernehmen soll.

Der Obmannwechsel stand am Sonntag trotzdem noch nicht an. Mitterlehner bleibt im Amt, installierte aber mit Amon einen neuen Generalsekretär. Der Steirer sitzt seit 1994 im Nationalrat. Der erst seit einem Jahr amtierende Parteimanager Peter McDonald wird sich in die Privatwirtschaft zurückziehen. Amon übernimmt auch das Amt des Mediensprechers von McDonald und bleibt Sicherheitssprecher.

Erstaunen in der Partei

Amons Nominierung hat selbst in der steirischen Landespartei einiges Erstaunen ausgelöst. Die VP-internen Interpretationsversuche für den Aufstieg Amons: Hinter der Bestellung des altgedienten ÖAAB-Funktionärs und Langzeitparlamentariers für diese zentrale Funktion stehe die klare neue Parteiparole: "Back to the Roots".

Nach den Versuchen, die Partei von extern geholten Generalsekretären wie Gernot Blümel oder eben zuletzt McDonald zu führen, sei jetzt wieder "Zusammenrücken" angesagt. Wohl auch in Hinblick auf die nächsten Nationalratswahlen, die früher als geplant kommen könnten.

Werner Amon werde ohnehin nur bis zur Wahl Generalsekretär bleiben, wird parteiintern vermutet. Denn wenn Kurz, wie erwartet, die Partei übernehmen wird, werde der neue Parteichef umgehend einen neuen Parteisekretär an seine Seite wählen.

Für Amon, heißt es, habe sich jedenfalls ein großer Wunsch erfüllt, er habe schon länger nach Höherem gestrebt. ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer habe Amons Avancement, wenn schon nicht gefordert, so aber stark unterstützt. Es sei letztlich auch eine Geste an die kritische steirische ÖVP gewesen.

Amon will überraschen

Amon selbst kündigte an, die Zusammenarbeit von Regierungsteam, Parlamentsklub und Partei optimieren zu wollen. Es gehe darum, "klarzumachen, wofür es die ÖVP braucht". Mögliche Kritik daran nahm er gleich vorweg: "Jetzt werden Sie sagen, das ist schon oft gesagt worden. Ich bitte Sie, mir Zeit zu geben. Wir werden Sie überraschen", sagt der neue Generalsekretär zu den Journalisten. "Es geht um den Sachkonflikt, nicht um eine billige Wadlbeißerei oder das Kochen irgendwelcher Giftgetränke", sagte Amon zu seiner künftigen Aufgabe.

Noch im April 2015 hatte die ÖVP angekündigt, "jünger, weiblicher und moderner" werden zu wollen. Trotzdem sieht Mitterlehner den neuen Generalsekretär mit seinen 47 Jahren im "richtigen Altersbereich" für die Aufgabe. Er sei ein politischer Vollprofi. Amon selbst meinte auf eine entsprechende Frage, dass er seinen Eltern "weder einen Prozess deshalb machen kann, dass ich nicht später auf die Welt gekommen bin, noch, dass ich keine Dame bin". Grundsätzlich gelte: "Wir sind über die Zeit schon hinaus, in der man gleichsam nicht durch Qualifikation und durch Eigenitiative Frauen in Spitzenpositionen hatte."

"Staat lass nach"

Thematisch will sich die ÖVP laut Mitterlehner auf die Entbürokratisierung, Sicherheitsthemen, einen "neuen" Sozialstaat und die Digitalisierung konzentrieren. Unter dem Motto "Staat lass nach" wolle man die Überregulierung in der Wirtschaft abschaffen und wie im Regierungsprogramm vorgesehen die Gewerbeordnung reformieren.

Der Parteichef wiederholte die ÖVP-Forderung nach einer Deckelung der Mindestsicherung auf 1.500 Euro pro Monat sowie einer "Mindetsicherung light" für jene Personen, die sich weniger als fünf Jahre in Österreich aufhalten. Zudem müsse ein neues Integrationsgesetz inklusive Verbot der Vollverschleierung und Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge diskutiert werden.

Mitterlehner will der Bevölkerung zudem die "Zukunftsangst und Angst vor Überfremdung" nehmen und "Sicherheit geben und Grenzen setzen". Etwa mit einer Obergrenze für Flüchtlinge.

Abgrenzung von SPÖ

Noch mehr Abgrenzen will sich die ÖVP künftig vom Koalitionspartner SPÖ. Mit der Kritik an Ceta, dem Freihandelsabkommen mit Kanada, setze die SPÖ die Glaubwürdigkeit Österreichs auf Spiel. Die Sozialdemokraten würden zudem mit ihrer Forderung nach einer Maschinensteuer "Populismus und Angstmache" verbreiten, sagte Mitterlehner. Eine solche Wertschöpfungsabgabe sei aus Sicht der ÖVP standortfeindlich. Man wolle stattdessen bis zum Oktober ein eigenes Paket zur Digitalisierung erarbeiten.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hatte am Wochenende wiederum eine SPÖ-Initiative für mehr Steuergerechtigkeit angekündigt. Dazu sagte Mitterlehner: "Wir freuen uns auf die Darstellung des Konzepts." Das würde nämlich der ÖVP eine Abgrenzung davon ermöglichen.

Wenn Koalitionspartner unterschiedliche Konzepte präsentieren und sich voneinander abgrenzen wollen, dann klingt das eher nach Neuwahlgeplänkel als nach verstärkter Zusammenarbeit. Bisher haben sich jedoch beide Parteichefs gegen Neuwahlen ausgesprochen. Auch Mitterlehner versicherte am Montag: "Für Angriffe ist nicht die richtige Zeit." Man müsse mit "Respekt und den richtigen Worten die Unterschiede herausarbeiten". (Lisa Kogelnik, 5.9.2016)