Jubel bei der AfD.

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Nur 1,6 Millionen von 82 Millionen Bundesbürger leben in Mecklenburg-Vorpommern, dem nordöstlichsten und bevölkerungsärmsten Flächenbundesland Deutschlands. Dennoch fand die Landtagswahl am Sonntagabend nicht nur in Deutschland selbst, sondern auch im Ausland hohe Beachtung, wenngleich der Titel von Bild-online wohl deutlich übertrieben war. "Die ganze Welt schaut heute nach Meck-Pomm", lautet dieser.

Der Wahlkampf war vor allem vom Thema Flüchtlinge dominiert worden. Wahlkämpfer aller Parteien, außer der Alternative für Deutschland (AfD), hatten sich beklagt, dass sie mit Landesthemen eigentlich nicht durchdringen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in Mecklenburg-Vorpommern (auf der Ostseeinsel Rügen) ihren Bundestagswahlkreis hat, hatte am Samstag bei der Abschlusskundgebung der CDU in Bad Doberan die Wahl zur "Schicksalswahl" erklärt und gesagt, bei der Wahl entscheide sich das "Schicksal dieses Landes". Es gebe Leute, "die können gut provozieren, aber damit kommt man auch nicht weiter". Es war klar, wer damit gemeint war: Die Alternative für Deutschland, deren Spitzenkandidat Leif-Erik Holm recht guter Dinge in den Wahlsonntag gegangen war.

Große Koalition möglich

Am Sonntag, bei der Wahl, bestätigte sich dann jener Trend, der sich in Umfragen zuletzt abgezeichnet hatte: Die SPD, die mit Erwin Sellering, einem Verwaltungsjuristen aus dem Westen, den Ministerpräsidenten stellt, verlor massiv, blieb aber stärkste Partei. Damit ist das Wahlergebnis für die Sozialdemokraten einerseits schmerzlich, andererseits können sie sich rühmen, eben weiterhin auf Platz eins zu stehen, was auch für den Chef der Bundes-SPD, Sigmar Gabriel, sehr wichtig ist.

Er hofft, dass sich das Szenario in zwei Wochen bei der Bürgerschaftswahl in Berlin wiederholt. Vermutlich wird die SPD mit Bürgermeister Michael Müller auch dort Federn lassen müssen, aber für den psychologisch wichtigen Platz eins wird es allemal reichen.

Sellering erklärte am Wahlabend: "Das ist ein tolles Ergebnis." Er ist vor allem froh, dass er weiterhin mit der CDU koalieren kann. Er sagte aber auch: "Wir machen uns große Sorgen wegen der AfD." Wie erwartet, schaffte diese in "Meck-Pomm" aus dem Stand ein hervorragendes Ergebnis. Sie kam auf mehr als 21 Prozent. Spitzenmann Holm jubelte kurz nach 18 Uhr: "Das ist ein stolzes Ergebnis. Wir schreiben hier Geschichte, endlich gibt es wieder eine Opposition im Land." Und weiter: "Das Sahnehäubchen ist, dass wir Merkel hinter uns gelassen haben. Vielleicht ist das heute der Anfang vom Ende der Kanzlerschaft von Angela Merkel."

Manches besser erklären

Davon wollte der Geschäftsführer der CDU-Bundestagsfraktion in Berlin, Michael Grosse-Brömer, natürlich nichts wissen, wenngleich er einräumte: "Das ist kein schöner Wahlabend." Er stellte Änderungen in der CDU-Politik in Aussicht und sagte mit Blick auf die Asylpolitik "Manches muss man vielleicht besser erklären, dass die Menschen mehr Informationen bekommen, was wir in Berlin schon Richtiges getan haben."

Die AfD ist nun in neun von 16 deutschen Landtagen vertreten: in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hamburg, Bremen und eben Mecklenburg-Vorpommern. In Sachsen-Anhalt war sie am 13. März aus dem Stand zweitstärkste Kraft hinter der CDU geworden.

In Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich einmal mehr, dass die AfD im Osten die Linkspartei als Protestpartei Nummer eins ablöst. Die Linke sank nach um sechs Punkte. Die Grünen hatten beim letzten Mal dank der Sympathien für sie in den Hochschulstädten Greifswald, Stralsund und Rostock 8,7 Prozent erreicht, diesmal mussten sie um den Einzug ins Landesparlament bangen.

Die FDP scheiterte erneut klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Für Parteichef Christian Lindner ist das ein Rückschlag. Er will in einem Jahr die Partei in den Bundestag führen. (Birgit Baumann, 4.9.2016)