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Vorerst bescheiden, wie er nun einmal ist, feierte Wolfgang Fellner am 1. September das zehnjährige Funktionieren seines publizistischen Ausscheidungsorgans "Österreich", und der "Falter" feierte mit. Wir haben die neue Zeitung "Österreich" (mit der damals völlig neuartigen Idee einer Gratis-Tageszeitung) und das Online-Portal oe24 gestartet. Die Idee, ein Produkt zu verschenken, das freiwillig zu kaufen jede und jeder an Information Interessierte als Zumutung empfinden würde, muss einem erst einmal kommen, also kein Problem für Fellner. So viel Genie wird belohnt. Heute – 10 Jahre später – ist das Mediaprint-Monopol gebrochen. "Österreich" ist am besten Weg zur Nr.-1-Zeitung in Wien.

Monopole und Miesmacher

Es spricht für Fellner, dass er den Triumph, das Mediaprint-Monopol gebrochen zu haben, nicht auf seine Fahne heftet. Nur Ihre Unterstützung hat unseren Erfolg möglich gemacht, lässt er die Nutznießer seiner Geschenkidee wissen. Es ist ein Erfolg der Leser gegen die Monopole und gegen die Miesmacher im Land. Nicht nur gegen die Monopole – gegen welche noch außer dem Mediaprint-Monopol? -, sondern auch noch gegen die Miesmacher im Land zu obsiegen, nur indem man sich im Vorbeigehen für eine U-Bahn-Fahrt neben "Heute" noch ein "Österreich" krallt, wird alle antimonopolistisch gesinnten Verkehrsteilnehmer beflügeln.

Groß feiern werden wir 10 Jahre "Österreich" erst in einem Monat mit einem 200-Seiten-Heft. So lange wollte der "Falter" aber nicht warten. Armin Thurnher feierte mit einem Kommentar über Fellnerismus und die Kultur des Untergriffs. Zur Publizistik der müden Füße, und im Blattinneren gab es ein Interview mit Wolfgang Fellner über geschlagene vier Druckseiten. Es war nicht, wie es sein Objekt nahegelegt hätte, frei erfunden, sondern zeugte vom archivgestützten Fleiß zweier Journalisten, die Fellner von seiner wahren Persönlichkeit zu überzeugen versuchten.

Ihr Erfolg hielt sich in Grenzen, Fellner beharrte, von einigen Momenten herausgeberischer Schwäche abgesehen, hartnäckig darauf, keinen "Hyänen-Journalismus" zu betreiben, was er damit begründete, dass "Hyänen-Journalismus" ein Werturteil ist, das jeder gebrauchen darf. Niemals hat ein Richter gesagt, dass ich "Hyänen-Journalismus" betreibe, und wo kein Richter, da kein Grund zur Klage.

Fellners und Dichands

Haider politisch, Fellner publizistisch wirkten als Katalysatoren bei der Auflösung eines alten Systems und brachten dessen Träger dazu, sie zu imitieren, bot Thurnher eine Analyse von Fellners Publizistik der müden Füße, in der bei aller Treffsicherheit nur der Name Dichand fehlte, dem doch in dieser Sparte der Publizistik schon in der zweiten Generation der Vorrang gebührt.

Weit entfernt, sich vom Monopolbrecher Fellner gebrochen zu fühlen, lassen Dichands gegen die unverschämte Forderung nach Qualität anschreiben – derzeit regelmäßig vom geschäftsführenden Chefredakteur. Sogar schon ein Schwarzer möchte die Presseförderung an "Qualitätskriterien" binden. Da wäre etwa das "Vorhandensein eines Korrespondentennetzes" wichtiges Kriterium. Darüber hinaus nenne er noch Schlag-worte wie "Recherchetiefe", "das Ausmaß der Eigenrecherche" und "Unparteilichkeit". Ja, wo kämen wir denn da hin!

"Selbst-Verhausschweinung"

Wohin, das erklärt niemand besser als Andreas Mölzer in der letzten "Zur Zeit". Was die Selbst-Verhausschweinung der Meinungsmacher und Journalisten betrifft, so findet diese zweifellos in den Redaktionen der Print- und elektronischen Medien mehr oder minder gezielt statt. Ein Beispiel. Wenn man etwa die Aussendungen des österreichischen Presserats heranzieht, der erst vor wenigen Monaten schriftlich dazu aufforderte, bei diversen Verbrechen die Nationalität der Täter nicht zu nennen, um nicht Ressentiments gegen Zuwanderer und Flüchtlingen zu schüren, kann man erkennen, dass es durchaus planvolle Absprachen gibt, um Meinung zu machen und Meinung zu manipulieren.

Mölzer meint natürlich, die Nationalität der Täter nicht zu nennen könnte Meinungsmanipulation erschweren oder gar verhindern, und einer solchen Selbst-Verhausschweinung der Meinungsmacher und Journalisten unter der Führung des Presserates gelte es einen Riegel vorzuschieben. Schön zu sehen, dass es Medien gibt, in denen der Selbst-Verhausschweinung durch herausgeberische Zuchtwahl tapfer entgegengewirkt wird. In diesem Sinne ist auch Wolfgang Fellner zum Jubiläum von "Österreich" zu gratulieren.