In einer Sache hätten wir nun Klarheit: Die Lunge des zweifelsfrei gewählten Bundespräsidenten spielt alle Stückln, sie hat seine auf zweifelhaftes Drängen der FPÖ erfolgte, vielfach angezweifelte Rückstufung zum Kandidaten durch den Verfassungsgerichtshof unbeschadet überstanden. Jetzt wäre aus Gründen der Chancengleichheit ein ebenso seriöses Gutachten zum Zustand des Gegenkandidaten wünschenswert. Dafür müsste sich nur im freiheitlichen Dunstkreis ein anonymer Poster finden, der ihn infrage stellt. Kleinigkeit!

Schon schwerer ist es, das kynologisch grundierte Motiv für die Abschaffung einer Institution zu durchschauen, von der, lauscht man dem darum inszenierten Lärm, das Wohl und Wehe der österreichischen Demokratie abhängen soll. Er sehe sich nicht verpflichtet, in diesem Hunderennen eine Rolle zu spielen, begründete Bundeskanzler Kern die Schließung des Pressefoyers. Ein nicht nur lobenswertes, sondern innovatives Vorhaben, soll es doch zum Ziel haben, nicht länger durch Abgabe von "Soundbites drei, vier Schlagzeilen" zu produzieren.

Politiker, die von sich aus verzichten, auf eine so leichte Art Schlagzeilen zu produzieren, können entweder ins Kloster gehen oder ihrer Karriere als Bundesblogger einen neuen Kick verleihen, unter dem Motto: nur keine Schlagzeilen! Nun soll man bekanntlich rennende Hunde nicht einschläfern – und dementsprechend groß war die mediale Empörung über das, was als diesbezüglicher Versuch gewertet wurde. Der Aufruhr erweckte den Eindruck, die dem Pressefoyer beiwohnenden Journalisten hätten Kanzler und Vizekanzler allwöchentlich das ganze Land erschütternde Soundbites entrissen. Tatsächlich war die Ausbitung der Regierungsspitze eher bescheiden, sie konnten die daraus gemolkenen Schlagzeilen mühelos ohne Soundbites produzieren, wie der Sommer bewies.

Als besonders fluchwürdig gilt die Absage des Hunderennens, weil sie den Bruch mit einer historischen, von Bruno Kreisky etablierten Tradition bedeuten soll. Ein Unsinn, denn die Gesprächssituation für Journalisten nach einem Ministerrat von damals ist den steifen Politikerauftritten der Jahre danach nicht vergleichbar. Das liegt nicht nur an den Personen. Damals handelte es sich um eine Alleinregierung, und alle ihre Mitglieder standen den Journalisten zur Verfügung, wenn sich auch das Hauptinteresse auf den Bundeskanzler konzentrierte.

Kern hat also nicht abgeschafft, was Kreisky erfunden hat, sondern eine nie wirklich geglückte Form, in der sich die Spitzen lahmender Koalitionen präsentierten. Darum auch das Herumdoktern an der Form – stehend mit Pult, ohne Pult, sitzend am Tisch oder hinter einer Barrikade, vor Fahnen, ohne Fahnen. Es war immer ein wenig peinlich und daher Zeit, der Nostalgie abzusagen, Neues zu wagen.

Was bisher davon bekannt wurde, ist noch nicht optimal. Der O-Ton der Regierungs- (und Partei-)spitzen ist durch Koordinatoren nicht zu ersetzen, ein Bundesblogger ist eben kein leibhaftiger Bundeskanzler, und die Gespaltenheit dieser Koalition wird sich durch Reduktion von Soundbites nicht beheben lassen. (Günter Traxler, 1.9.2016)