"Die Digitalisierung ist kein Gespenst", betonte Ex-Wifo-Chef Karl Aiginger am Donnerstag in Alpbach bei seinem ersten Pressegespräch als Leiter der "Querdenkerplattform: Wien – Europa". Die Digitalisierung könne zwar auch ein Problem sein, aber sie könnte auch viele Probleme lösen und zur Wohlfahrtssteigerung beitragen.

"Ich spreche hier als Leiter der Querdenker-Plattform und nicht mehr als Wifo-Chef", leitet Aiginger das Pressegespräch am Donnerstag in Alpbach ein.

Mit weniger Aufwand die Ziele zu erreichen

"Wie jede neue Technologie bietet die Digitalisierung die Möglichkeit, mit weniger Aufwand die Ziele zu erreichen und die Produkte leichter an die individuellen Bedürfnisse anzupassen", so Aiginger.

Heftig widersprach er Studien, wonach durch die Digitalisierung 50 Prozent der Arbeitsplätze verloren werden. "Das ist absolut falsch, vielleicht sind 50 Prozent betroffen", so Aiginger. Tätigkeiten würden sich zwar ändern, gingen aber nicht verloren. Laut einer OECD-Studie würden brutto 10 Prozent dazu kommen. "Wir werden wahrscheinlich mehr als 10 Prozent schaffen", glaubt Aiginger. "Wir werden nicht weniger, sondern andere Arbeiten haben. Auch die Arbeitszeiten dürften sich verringern.

"Europa ist kein Vorreiter"

"Der Nachzügler verliert Arbeitsplätze, der Vorreiter gewinnt, das ist sicher", warnt der ehemalige Wifo-Chef. "Europa ist kein Vorreiter". Dieser sei momentan vielmehr die USA.

Digitale Konzepte könnten laut Aiginger dabei helfen, gesellschaftspolitische Ziele zu erreichen, etwa ein gesundes, längeres und selbstbestimmteres Leben, aber auch bei der Bekämpfung des Klimawandels oder der Reduktion von Einkommensunterschieden .

Nötig sei dazu Aus- und Weiterbildung. "Das beginnt im Kindergarten, wie immer", so der frisch gebackene Querdenker. In den Volksschulen werde es etwa nicht mehr die gleichen Fächer geben wie bisher.

Bei der Digitalisierung gehe es nicht nur um das technisch machbare, sondern auch um Wettbewerbsfähigkeit – nicht nur gegenüber der anderen Seite des Atlantiks, sondern auch gegenüber China und andere asiatische Staaten, meinte Forums-Präsident Franz Fischler. Voraussetzung dafür, um sich innerhalb von Europa zu verbessern, sei eine einheitliche europäische Digitalstrategie, und nicht 28 unterschiedliche. Es gehe dabei auch um ethische Fragestellungen.

Airbus als Vorbild

Statt nur auf die US-Unternehmen zu reagieren, müssten eigene Potenziale aktiviert und eigene Strategien aufgebaut werden, um in gewissen Bereichen dann selber Marktführer zu werden, ähnlich wie es in der Flugzeugindustrie mit Airbus gelungen sei.

"Europa muss sich vernetzen", forderte TTTech-Geschäftsführer Georg Kopetz. Den Umbruch müsse man offensiv angehen, "sonst werden wir die Position in der Welt verlieren". Derzeit hätte man noch alle Chancen, gegen die großen IT-Unternehmen dieser Welt zu bestehen. Die Digitalisierung müsse als Chance begriffen werden. (APA, 1.9. 2016)