Potsdam – Verfügt ein Wald über eine große Vielfalt unterschiedlicher Pflanzenarten, dann ist er gegenüber den Folgen des Klimawandel bedeuten besser gerüstet als artenärmere Wälder: Erstmals konnten Forscher diese Beobachtung jetzt für das Amazonas-Gebiet feststellen. Die deutschen Wissenschafter nutzten dafür ein umfassende Computer-Simulationen, die den Artenreichtum von Bäumen mit einberechnen. Biodiversität kann demnach ein wirksames Mittel sein, Klimarisiken abzumildern.

"Die Vielfalt der Eigenschaften all der verschiedenen Pflanzen in den Wäldern des Amazonas könnte diesem helfen, sich auf ein gewisses Maß von Klimaveränderung einzustellen – manche der heute vorherrschenden Bäume würden absterben und andere Arten würden ihren Platz einnehmen, die mit den zukünftigen klimatischen Bedingungen besser zurecht kommen", erklärt Boris Sakschewski vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), Leit-Autor der in ""Nature Climate Change"" erscheinenden Studie.

Das Überleben von Baumarten hängt zum Beispiel davon ab, was die Wissenschafter "Blatt-Ökonomie" nennen: deren unterschiedliche Größe, Dicke, Langlebigkeit oder Dichte bestimmt mit, wie gut eine Pflanze höhere Temperaturen oder Wasserknappheit verträgt. "Biodiversität erweist sich hier als ein Muss, nicht als hübsches Beiwerk", sagt Sakschewski. "Sie kann funktional sein für das langfristige Überleben der großen Biomasse-Reservoirs unserer Erde, zu denen auch die Wälder der Amazonas-Region gehören."

Gute Nachrichten, aber...

Allerdings hängt dies vom Ausmaß der Belastung ab. Nur in einem Szenario mittleren Klimawandels kann große Biodiversität nach einem drastischen Rückgang von Biomasse zu einer weitgehenden Erholung nach mehreren Jahrhunderten in großen Gebieten des Amazonas beitragen. Auf mehr als 80 Prozent der Waldfläche der Region könnte die Biomasse zu einem großen Teil erhalten bleiben oder nachwachsen, so die Studie. In einem Szenario hingegen, in dem der Ausstoß von Treibhausgasen unvermindert anhält (business-as-usual) und zu massivem Klimawandel führt, könnten weniger als 20 Prozent der Fläche diesen positiven Effekt zeigen.

Nie zuvor ist dieses Kräftespiel so genau und umfassend in eine biogeochemische Simulation von Vegetation und Klimawandel eingebaut worden. "Um zu erklären, wie die Vielfalt der Eigenschaften von Pflanzen zur Widerstandsfähigkeit des Regenwalds beiträgt, haben wir zuerst ein Versuchsgebiet in Ecuador untersucht und dann die Simulationen auf das ganze Amazonasbecken ausgedehnt", sagt die Leiterin des Forschungsteams, Kirsten Thonicke vom PIK.

Insgesamt sind dies zwar gute Nachrichten für die Wälder des Amazonas – aber es bedeutet keineswegs, dass der Klimawandel diesen einzigartigen Lebensraum nicht schädigen würde. Große Artenvielfalt ermöglicht dem Wald, viel von seiner Biomasse wieder aufzubauen – beim Übergang von einem Zustand in den anderen gibt es jedoch einen ungeheuren Bruch. Die Zusammensetzung der Arten am Amazonas würde sogar bei nur moderatem Klimawandel stark verändert. (red, 30.8.2016)