Drängt auf einen Lastenausgleich: Sozialminister Alois Stöger.

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Wien – Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bringt einen neuen Vorschlag in die Diskussion über Mindestsicherung und Wohnsitzpflicht: Jene Bundesländer, die durch schlechtere Regelungen Betroffene zum Ausweichen in andere Bundesländer bringen, sollten Ausgleichszahlungen leisten, schlug er in der "Presse" vom Sonntag vor. Grundsätzlich lehnt Stöger eine Kürzung der Mindestsicherung weiter ab.

Wenn "jemand Bedingungen schafft, die Leute vertreiben, soll die zuständige Sozialabteilung die Mindestsicherung zahlen", so Stöger. Das Land Oberösterreich, wo seit Anfang Juli für Asylberechtigte auf Zeit weniger Mindestsicherung bezahlt wird, müsste dann etwa an Wien einen Betrag überweisen. "Wenn die Oberösterreicher nicht dafür sorgen, dass sie ihren Anteil übernehmen, ja", erklärte der Sozialminister, der sich gegen "Heckenschützen" von Sachlösungen verwahrt.

Für ÖVP unangebracht

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bezeichnete es "völlig unangebracht", die Bundesländer "gegeneinander auszuspielen". Stöger solle entsprechend der Forderung von Bundeskanzler Kern handeln und rasch mit den Ländern verhandeln.

Schieder hofft auf Durchbruch

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht indes bei der Mindestsicherung die Chance auf einen Durchbruch. Nachdem die ÖVP zuletzt in Sachen Deckelung Bewegung signalisiert hat, glaubt der Fraktionschef, dass man mit der Volkspartei "relativ rasch zusammenkommt". Die SPÖ sei jedenfalls sofort bereit, wieder in Verhandlungen einzusteigen.

Die ÖVP hatte zuletzt ihre Forderung nach einem Deckel von 1.500 Euro insofern aufgeweicht, als über zweckgebundene Mietzahlungen auch eine höhere Summe zusammenkommen könnte. Schieder sieht dies kompatibel mit der von seiner Partei unterstützten stärkeren Orientierung auf Sachleistungen. Dazu wolle man stärkere Kontrollen, um Sanktionen zu setzen, sofern diese notwendig seien. Nicht untergraben werden dürfe jedoch die Mindestsicherung als soziales Netz, das Bezieher auch wieder für den Arbeitsmarkt aktiviere.

Gegen Verdrängungswettbewerb durch Ein-Euro-Jobs

In der Diskussion über Ein-Euro-Jobs für Asylberechtigte, die ÖGB und Wiener SPÖ strikt ablehnen, differenziert Schieder. Asylwerber oder Asylberechtigte als billige Ersatzkräfte für KV-geregelte Bereiche zur Verfügung zu stellen gehe nicht: "Diesem Verdrängungswettbewerb werden wir nicht stattgeben." Zu diskutieren sei aber, wie man gemeinnützige Arbeit für Asylwerber so ausbauen kann, dass diese Sinnvolles für die Gesellschaft beitragen könnten.

Durchaus nicht unumstritten in seiner Partei ist das Thema Burkaverbot. Schieder relativiert hier, es herrsche Konsens, dass die Vollverschleierung Zeichen der Unfreiheit und Unterdrückung der Frau sei. "Unterschiedliche Nuancen" gebe es nur in der Frage, wie man damit rechtlich umgehe.

Kein Schleier vor Ämtern

Der Klubchef, der jüngst selbst Sympathien für ein Verbot anklingen hatte, lassen, betont nun, der gangbarere Weg wäre für ihn zu definieren, wo das Gesicht unverschleiert zu sehen sein müsse, also etwa auf Ämtern, an Schulen und Universitäten. Vorfälle wie in Frankreich, wo eine Muslima am Strand von der Polizei aufgefordert wurde, Teile ihrer Bekleidung abzulegen, sollte man sich in Österreich sparen. Er wartet jetzt aber einmal, mit welchen juristischen Vorschlägen der Integrationsminister aufwarte.

Gelassen reagiert Schieder auf die Ankündigung in Vorarlberg lebender Türken, Österreich allenfalls wegen türkeifeindlicher Politik verlassen zu wollen: "Das entscheidet jeder für sich", meinte der Klubchef. Heimfahren hänge auch davon ab, wo man seine Heimat definiere: "Wer sie hier definiert, wird mit der Tramway heimfahren und seine Wohnung aufsperren. Ich glaube, dass Österreich an sich eine sehr lebenswerte Heimat ist." (APA, 28.8.2016)