Die politischen Säuberungen von bald osmanischen Ausmaßen halten in Tayyip Erdoğans Ausnahmezustands-Türkei an, auch wenn die Terrornachrichten und die Entscheidung für den Kriegseintritt in Syrien dies leicht vergessen lassen. Mit der Festnahme eines Konzernchefs und eines weiteren Dutzends Manager am Freitag hat die Jagd auf angebliche Mitglieder des islamistischen Gülen-Netzwerks nun die obersten Ränge der türkischen Wirtschaft erreicht.
Cahit Paksoy, CEO der Ihlas-Holding, die regierungstreue Medien ebenso wie Krankenhäuser oder Kohlebergwerke umfasst, wird wohl vorgeworfen, das Netzwerk des Predigers Gülen mitfinanziert zu haben. Zehn bis 30 Prozent des Profits gelten als Schnitt für fromme Unternehmer.
Das alles ist schon einigermaßen abenteuerlich. Noch schwerer tut man sich mit dem Fall der seit einer Woche inhaftierten Schriftstellerin Asli Erdoğan, die auch eine Kolumne in einer prokurdischen Zeitung füllte. Tayyip Erdoğan verglich bei einem Auftritt im Europarat in Straßburg 2011 allerdings schon einmal Buchautoren mit Bombenlegern. Durch frühzeitige Verhaftung werde ihnen das Handwerk gelegt, sprich: die Veröffentlichung eines gefährlichen Buchs. Damals ging es um die Journalisten Ahmet Sik und Nedim Sener, die sich anschickten, über die Unterwanderung des türkischen Staats durch Fethullah Gülen zu publizieren. Gülen war da noch ein Verbündeter. (Markus Bernath, 26.8.2016)