Wien – Die Kollektivvertragsverhandlungen sorgen in Österreich schon vor Beginn der Herbstlohnrunde für Gesprächsstoff. Verantwortlich dafür ist ein Vorstoß der FPÖ. Der langjährige frühere Wirtschaftssprecher der Partei, Bernhard Themessl, hat in den "Vorarlberger Nachrichten" dazu aufgerufen, Umfang und Bedeutung von Kollektivverträgen (KV) zu überdenken. Sinnvoller wäre es künftig auf Betriebsvereinbarungen zu setzen, "warum halten wir in Österreich an Kollektivverträgen fest?", wird Themessl zitiert.

Weiter ins Detail gegangen ist der Politiker nicht. Das Thema ist heikel: In den vergangenen Jahren sind in mehreren EU-Ländern Tarifverträge per Gesetz zurückgedrängt worden. In Griechenland und Portugal wurden Lohnsenkungen für Arbeitnehmer durchgedrückt. Dadurch sollte die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie verbessert werden. Damit einher gingen soziale Verwerfungen. Will die FPÖ Kollektivverträge also abschaffen?

Im Handbuch freiheitlicher Politik findet sich dazu kein Eintrag. Wohl aber im "Impulsprogramm" des FP-Wirtschaftsflügels, in dem eine "Reduktion" von KVs gefordert wird. "Statt zentraler Kollektivverträge und starrer Branchenvereinbarungen" soll auf Betriebsvereinbarungen gesetzt werden. Zudem sei die "Arbeitszeit weiter zu flexibilisieren".

Andere Lohnbedingungen

Themessl fühlt sich missverstanden, rudert zurück. Er wolle KVs nicht streichen. "Ich finde nur starre Kollektivverträge mit Geltung über das ganze Bundesgebiet nicht gut." Im Burgenland herrschten andere Lohnbedingungen als in Tirol, mit dem derzeitigen System könne auf die Bedürfnisse der Kleinunternehmer nicht eingegangen werden. Ein Beispiel? Themessl führt Arbeitszeit und Überstundenzuschläge an. Das System hindere Firmen daran, bei guter Auftragslage Mitarbeiter auch mal länger als zehn oder zwölf Stunden zu beschäftigen. Die Freiheitliche Wirtschaft geht einen Schritt weiter.

Auch bei den Nebenabreden zum Lohn wäre es gut für die Wirtschaft, wenn man von den KVs abweichen könnte. So gebe es KVs, die bei Überstunden einen höheren Zuschlag als die gesetzlich vorgegebenen 50 Prozent festschreiben. "Arbeitnehmer brauchen keine Bedenken zu haben", sagt Matthias Krenn, Chef des FP-Wirtschaftsflügels, es gehe nicht darum, ihre Rechte einzuschränken.

Anders sieht man das beim ÖGB. Lohnverhandlungen auf Betriebsebene zu verlagern, würde eine "Dumpingspirale in Gang setzten", sagt Bernhard Achitz, leitender Sekretär beim ÖGB. KVs lindern den Wettbewerbsdruck in Firmen, weil gewisse Vorgaben nicht unterschritten werden dürften. Je stärker die KVs aufgeweicht werden, umso höher werde der Lohndruck, so Achitz. (szi, 26.8.2016)