Wien – Die am Montag bekundete Streikbereitschaft der Ärzte des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) lässt weiter die Wogen hochgehen. Der KAV versucht das von der Wiener Ärztekammer heraufbeschworene Bild des Ärztemangels in der Nacht zu zerstreuen. Die Standesvertretung erhöht den Druck und hat einen offenen Brief an Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) geschrieben. Darin ist von einem "unerträglichen Betriebsklima und einseitiger Anordnung von Änderungen der Dienstzeiten" die Rede. Die Ärzte appellieren an Wehsely, die Protestmaßnahmen der Mediziner ernst zu nehmen und fordern Nachverhandlungen.

Brigitte Ettl, ärztliche Leiterin des Krankenhauses Hietzing, sieht dafür keinen Bedarf. Das Abstimmungsergebnis sei auf eine "Verunsicherung zurückzuführen, die wegen Veränderungen entstanden ist". Neue Dienstzeitmodelle, gegen die nun die Ärzte protestieren, wurden durch die Umstellung auf eine 48-Stunden-Woche für Ärzte notwendig. Dass diese Umstellung schwierig sei, räumt Ettl im STANDARD-Gespräch ein. Denn bis zur Einführung des neuen Dienstmodells im Juli 2015 waren bis zu 60 Wochenstunden erlaubt: "Die fehlenden Stunden gehen uns natürlich ab, deshalb muss weiter umgeschichtet werden", erklärt die ärztliche Leiterin. Doch sie würde sich mehr Ärzte tagsüber im Ambulanzbetrieb wünschen und bestreitet, dass in der Nacht Fachärzte fehlen würden. Für ihr Krankenhaus könne sie eine mangelnde Versorgung jedenfalls ausschließen. Die Vorteile durch die verkürzte Arbeitszeit für Mitarbeiter und Patienten würden überwiegen.

Der Unzufriedenheit der Ärzte will sie weiterhin mit Gesprächen begegnen. "Die Kommunikation ist optimierbar", sagt Ettl. Doch es sei den betroffenen Ärzten und der Standesvertretung bekannt gewesen, was die Vereinbarung mit der Stadt Wien beinhalte. Daher kann sie den Vorwurf der "einseitigen Anordnung der Dienstzeiten" nicht nachvollziehen. (mte, 25.8.2016)