Das Flüchtlingslager Traiskirchen vor einem Jahr: Kinder, Frauen und Männer schliefen unter freiem Himmel auf dem oder um das Gelände des Lagers. Die Zivilbevölkerung spendete Zelte, Nahrung, Wasser und Kleidung.

Foto: Christian Fischer

Das Flüchtlingslager Traiskirchen Ende August 2016: Auf dem Areal errichtete ein Architekturkollektiv mithilfe von Spenden einen "Vogelspielplatz" für Kinder.

Foto: architektur2000

Traiskirchen – Wo vor einem Jahr dutzende von der Bevölkerung gespendete Zelte den Boden übersäten, strahlt heute die Wiese in saftigem Grün. Nur vereinzelt sind auf dem Gelände des Flüchtlingslagers im niederösterreichischen Traiskirchen durch den Zaun Menschen zu sehen: Flüchtlinge, die von einem der Gebäude zu einem anderen gehen oder Mitarbeiter der Betreuungsfirma ORS, die nach dem Rechten sehen. Auf den umliegenden Straßen und Weinfeldern, wo im vergangenen Jahr geflohene Familien zusammensaßen oder sich junge Männer tummelten, ist es seelenruhig.

Ein Jahr, nachdem die Bundeserstaufnahmestelle ihre Kapazitätsgrenzen so weit überschritten hatte, dass hunderte Menschen unter freiem Himmel hatten nächtigen müssen und Amnesty International einen verheerenden Bericht zur dortigen Menschenrechtslage erstellt hatte, ist in dem 19.000-Seelen-Ort Ruhe eingekehrt. "Es ist fast ein bisschen langweilig" , sagt eine Traiskirchnerin.

Bis zu 5000 Menschen im Flüchtlingslager

Bis zu 5000 Menschen befanden sich 2015 in dem Lager. Ausgelegt ist es auf 1800. Derzeit sind laut Zahlen des Innenministeriums (BMI) 670 Personen untergebracht. 100 bis 150 Asylanträge werden aktuell täglich in Österreich gestellt, 2015 waren es bis zu 280 pro Tag. Laut dem BMI gibt es nun sowohl in den Länderquartieren als auch beim Bund freie Kapazitäten.

Das spürt auch Pater Jochen Häusler von der katholischen Kirche. Die lokale Bevölkerung würde "aufatmen". Bei ihm – ebenso wie in der evangelischen Kirche und in der Moschee – kamen im Vorjahr Flüchtlinge unter, die obdachlos geworden waren, etwa weil sie wegen einer Ladung zu einer Befragung am nächsten Morgen schon am Vorabend anreisen mussten, aber keinen Schlafplatz zugeteilt bekamen.

Dass er Obdachlose unterbringen musste, sei schon lange nicht mehr vorgekommen, sagt der Pater. Es bleibe mehr Zeit für sein "Kerngeschäft". Flüchtlinge seien nicht mehr das einzige Thema, das die Menschen in Traiskirchen beschäftigt.

Polizei sieht Situation "entspannt"

Auch bei der Polizei erachtet man die Situation laut Sprecher Markus Haindl als "entspannt". Wegen der starken Belegung im Vorjahr habe man "immer mit dynamischen Situationen rechnen" müssen. Jetzt seien die Amtshandlungen "quantitativ überschaubar". Meist ginge es um Reibereien oder Diebstähle unter den Bewohnern des Lagers, die sich um entwendetes Geld oder Mobiltelefone drehten.

Ethnische Konflikte kämen nur selten vor. Angestiegen seien die Anzeigen wegen Drogendelikten. Grund dafür sei, dass derzeit – vor allem entlang der Strecke der Badner Bahn – verstärkt kontrolliert werde. Dass dort Suchtmittel verkauft werden, sei aber ein Phänomen, das es seit Jahren gibt.

Für den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) ist die Situation nach wie vor nicht optimal. Er fordert, dass – wie 2010 zwischen Ministerium und Land Niederösterreich vereinbart – maximal 480 Asylsuchende untergebracht werden. Die "ruhige Zeit" solle man nutzen, um Maßnahmen zu setzen, damit es nicht wieder zu einer Überbelegung kommen kann: etwa durch Umbauten an den Gebäuden, um die Kapazität einzuschränken.

Gemeinschaftsprojekte

Auch die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen ist im Lager von mehreren Hundert auf 220 der 670 Untergebrachten zurückgegangen. Wiederholt wurde Kritik an der mangelhaften Betreuung der jungen Menschen laut.

Freiwillige haben in Traiskirchen Projekte auf die Beine gestellt, um auch Kindern und Jugendlichen eine Beschäftigung zu bieten, aber auch um den Austausch zwischen erwachsenen Flüchtlingen und Einheimischen zu fördern: Im "Garten der Begegnung" wird gemeinsam Gemüse gepflanzt und geerntet. Auf dem Lagergelände errichtete ein Architekturkollektiv mithilfe von Spenden einen "Vogelspielplatz". (Christa Minkin, 26.8.2016)