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Nach der Ankündigung des Justizministeriums droht privat betriebenen US-Bundesgefängnissen das baldige Aus.

Foto: JIM YOUNG

Die Sorge um sein Milliarden-Dollar-Business hat Damon Hininger offenbar am falschen Fuß erwischt. "Ich denke über die nächste Präsidentschaft, dass – egal ob es Hillary Clinton oder Donald Trump wird – sie oder er sich während der Amtszeit mit so vielen Dingen beschäftigen muss, dass unsere Branche sehr, sehr weit unten auf der Prioritätenliste stehen wird", verkündete der Chef des privaten Gefängnisbetreibers Correction Corporation of America noch vor zwei Monaten. Eine kapitale Fehleinschätzung, wie sich im Verlauf des Sommers mehrmals zeigen sollte. Am deutlichsten Ende vergangener Woche, als das US-Justizministerium bereits das nahende Ende privat betriebener Bundesgefängnisse ankündigte.

Daraufhin flohen die Investoren massenhaft aus den Betreibergesellschaften, binnen Minuten sackte etwa Hiningers Gefängnis-Aktie an der Wall Street um gut 40 Prozent ab. Dabei sind – zumindest vorerst – nur von der Bundesregierung verwaltete und an private Betreiber vergebene Anstalten betroffen. Damit geht es nur um knapp 1,5 Prozent der insgesamt 1,6 Millionen Häftlinge in den USA, von denen die Mehrzahl in die Zuständigkeit der Bundesstaaten fällt, die ihre Einrichtungen ebenfalls teilweise von Privaten betreiben lassen. Inklusive der Insassen von Jugend- und Militärgefängnissen sowie anderer Anstalten, etwa jener der Indianerreservate, kommt die Prison Policy Initiative auf 2,3 Millionen Menschen, die auf US-Territorium einsitzen.

Umstrittene Branche

Das angekündigte Auslaufen der Verträge begründet Vize-Justizministerin Sally Yates damit, dass es in Privatgefängnissen mehr Probleme gebe: "Sie bieten einfach nicht dasselbe Niveau an Strafvollzug, Programmen und Kosten." Zudem führt Yates an, dass sie dem Staat auch kaum Kostenersparnisse bringen würden. Oftmals sind die Verträge mit den Betreibern so ausgestaltet, dass das Justizministerium ungeachtet der tatsächlichen Auslastung für eine Mindestquote, die auch 100 Prozent betragen kann, bezahlen muss.

Des Weiteren kritisieren Menschenrechtler schon lange, dass die Vergabe von Haftanstalten an private Betreiber die Anreize verstärke, Menschen wegzusperren. Weltweit sitzt damit jeder vierte Häftling in den USA ein. Pro 100.000 Einwohner kommt das Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten auf 693 Häftlinge. Zum Vergleich: In Österreich sind es bloß 97 Personen, in Deutschland gar nur 76. Wesentlich höher liegt diese Quote in anderen Staaten mit vollständig privat betriebenen Gefängnissen. Dabei handelt es sich um Großbritannien mit 145 Menschen und Australien, wo in diesem Sommer schwere Misshandlungen in Jugendstrafanstalten publik wurden, mit 152 Häftlingen pro 100.000 Einwohner.

Schon länger auf Talfahrt

Hiningers Correction Corporation droht dadurch das Auslaufen der Verträge für drei Anstalten, die dem Unternehmen jährlich rund 131 Millionen Dollar in die Kassen spülen. Insgesamt betreibt der Konzern 65 Gefängnisse mit 100.000 Insassen, mit denen er im Vorjahr bei 1,8 Milliarden Dollar Umsatz und 222 Millionen Reingewinn erzielte. An der Börse ging es mit der Aktie freilich schon seit längerem abwärts: Trotz einer leichten Erholung vom Kurssturz der Vorwoche büßte das Papier in eineinhalb Jahren 55 Prozent an Wert ein. Dem ebenfalls börsennotierten Mitbewerber Geo Group erging es nur unwesentlich besser.

Große Hoffnungen, dass die neue Regierung den Plan zur Wiederverstaatlichung der Bundesgefängnisse revidieren könnte, brauchen sich Hininger und die anderen privaten Gefängnisbetreiber zumindest bei einem Wahlsieg Clintons jedenfalls nicht mehr zu machen. Nachdem unlängst bekannt wurde, dass ihr Wahlkampfbudget auch durch Spenden von Privatgefängnis-Lobbyisten aufgefettet worden war, teilte sie zunächst mit, künftig keine Gelder aus dieser Ecke anzunehmen – um später hinzuzufügen: "Wir sollten aufhören mit privaten Gefängnissen." (Alexander Hahn, 24.8.2016)