Reinhold Mitterlehner will die Effizienz in der Forschungsförderung steigern.

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STANDARD: Der Rechnungshof zählte in einem kürzlich veröffentlichten Bericht nicht weniger als 240 Organisationseinheiten, die hierzulande Forschungsförderung ausschütten. Das klingt nach Wildwuchs. Hätte man diese Strukturen nicht längst effizienter gestalten können?

Mitterlehner: Die Frage ist berechtigt. Aber die Strukturen waren schon vorgegeben, als ich das Ministerium übernommen habe. Außerdem war man sich dieses Problems bei den letzten beiden Koalitionsverhandlungen, 2009 und 2013, auch schon bewusst. Man hat nur keine gemeinsame Lösung gefunden. Das ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Ich finde die Kritik des Rechnungshofs teilweise berechtigt, teilweise unberechtigt, weil wir gerade beim Zugang zum EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 auf einem erfolgreichen Weg sind. Aber in der heimischen Forschungsförderung selbst gibt es natürlich Verbesserungsbedarf.

STANDARD: In welche Richtung denken Sie dabei?

Mitterlehner: Es geht auch um die Frage: Wie kann ich einen einheitlichen Informationsstand haben, was eingereicht wird? Ziel muss sein, Doppelförderungen zwischen Bund und Ländern zu vermeiden. Man muss das optimieren und Schwerpunkte setzen, derzeit ist das eine zerklüftete Förderlandschaft. Wir müssen hier ein neues Biotop aufbauen. Ob wir das noch in dieser Legislaturperiode schaffen, werden wir sehen.

STANDARD: Das klingt so, als würden Sie auf die nächste Legislaturperiode warten wollen. Warum nicht gleich Nägel mit Köpfen machen, zumal Kanzler Kern sich für dieses Thema interessiert?

Mitterlehner: Wir haben die Halbzeit der Legislaturperiode überschritten, da geht es auch um laufende Budgets und bestehende Kompetenzen. Dabei entscheidet sich, wie weit der Anspruch in Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Wir analysieren das Problem nun sorgfältig und werden auf dieser Basis einen umsetzbaren Plan entwickeln. Ich sage dazu nur: lieber spät als gar nicht. Dabei darf es sicher nicht darum gehen, Machtgefüge zu erhalten. Es geht nicht darum, liebgewonnene Gewohnheiten beizubehalten. Es geht um mehr Effizienz.

STANDARD: Ein Großteil der angesprochenen 240 Fördereinheiten ist in den Bundesländern. Lässt sich diese Frage in den Finanzausgleichsverhandlungen mit den Ländern ansprechen? Oder ist das schon kompliziert genug?

Mitterlehner: Erstens ist es kompliziert genug. Zweitens geht es natürlich in den Ländern um Effizienzsteigerung. Mit einigen Bundesländern wie Oberösterreich und Salzburg prüfen wir, ob Förderprojekte über die Forschungsförderungsgesellschaft FFG abgewickelt werden können. Das Land erspart sich dabei Personal. Solche Förderungen könnte man auf eine einheitliche Basis stellen. Da geht es nicht darum, den Ländern etwas wegzunehmen, das kommt in diesem Zusammenhang nie gut. Da geht es nur um Optimierungen.

STANDARD: Apropos Optimierungen: Der Wissenschaftsfonds FWF wurde lange aus Rücklagen Ihres Ministeriums finanziert – vor Ihrer Zeit. Wäre ein Forschungsfinanzierungsgesetz die Basis für kontinuierliche Finanzierungen?

Mitterlehner: Das ist natürlich unser Ziel – neben der Organisation braucht es aber entsprechende budgetäre Grundlagen für eine kontinuierliche Finanzierung der Wissenschaft. Wir haben es immerhin geschafft, das gesamte FWF-Budget im Finanzrahmen abzubilden, das war vorher nicht der Fall. Es gab Zuwächse, beim FWF sieben Prozent, bei der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sogar 17 Prozent. Wir haben also keine Wissenschafter gefährdet trotz schwieriger Budgetlage. Natürlich gibt es absolut betrachtet Luft nach oben, und man kann die Versäumnisse der vergangenen Jahre nicht so schnell beheben. Der FWF hat natürlich im Verhältnis zu der Antragszahl zu wenig Geld, das sagen sowohl FWF-Präsidium als auch die Wittgenstein-Preisträger. Ich meine, dass der Fonds das derzeit Mögliche an Geld erhält.

STANDARD: Kann man so das gesteckte Ziel erreichen, 2020 Innovation-Leader im Innovation Union Scoreboard zu werden?

Mitterlehner: Ich sehe die Entwicklung in diesem Ranking recht positiv. Zuvor haben wir jährlich einen Platz verloren, jetzt haben wir einen gewonnen. Man stuft uns unter den starken Innovatoren ein. Das muss man nicht überbewerten. Aber neue Maßnahmen wie Venture-Capital und Crowdfunding sind noch nicht einmal enthalten. (Peter Illetschko, 23.8.2016)