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Die Spiele sind vorbei und überstanden, Rio ist wieder das ganz normale Rio. Die Christusstatue wird vermutlich irgendwann über Sportruinen blicken.

Foto: REUTERS/ PFAFFENBACH

Kann sich noch jemand an den russischen Dopingskandal erinnern? Oder an das Zika-Virus? Das waren, neben der Angst vor Terror und vor Sicherheitsproblemen in Rio de Janeiro, die bestimmenden Themen unmittelbar vor den 32. Olympischen Sommerspielen. Knapp drei Wochen später lässt sich festhalten, dass die Brasilianer das zweite Megaereignis nach der Fußball-WM 2014 ordentlich über die Bühne gebracht haben. So gesehen: Rio, bravo! Das Allermeiste hat reibungslos funktioniert. Und eine Mücke ist eine Mücke ist eine Mücke. Viel mehr (Mücken) nämlich hat kein Olympia-Besucher während der Spiele zu Gesicht bekommen.

Man muss sich aber immer noch darüber wundern, dass sich Brasilien für zwei Großevents en suite bewarb und beide Male den Zuschlag bekam, auch wenn das Land zum Bewerbungszeitpunkt wirtschaftlich noch besser dagestanden ist. Und es ist verwunderlich, dass es nun, da das Land in einer tiefen Krise steckt, nicht zu großangelegten Protesten kam.

Schwenk

Ursprünglich hatte die Politik versucht, dem Volk zu verklickern, wie sehr es von Olympia profitieren würde. Als das Volk angesichts der Rio-2016-Kosten (10,8 Milliarden Euro) nur noch mit Hohn reagierte, schwenkte Rios Bürgermeister um und wurde vom olympischen Chefclaqueur selbst zu einem Kritiker. Kein unkluger Schachzug. Dass die eine neue, übrigens rechtzeitig fertiggestellte U-Bahn-Linie plötzlich fast doppelt so viele Menschen an den öffentlichen Verkehr anbinden würde wie vor den Spielen, hatte den Organisatoren sowieso niemand geglaubt.

Noch am Wochenende haben viele brasilianische Zeitungen groß mit den US-amerikanischen Schwimmern um den sechsmaligen Olympiasieger Ryan Lochte aufgemacht. Diese hatten an einer Tankstelle randaliert und später vorgetäuscht, selbst Opfer eines schweren Raubüberfalls geworden zu sein. Es dürfte die USA einiges an Anstrengung und vielleicht noch mehr kosten, die Sache einigermaßen glattzubügeln. Das Verhältnis zwischen Brasilien und den USA hat nachhaltig gelitten, selbst US-Kommentatoren stellten fest, dass Lochte genau jene Überheblichkeit verkörpere, die den Vereinigten Staaten in Lateinamerika oft zum Vorwurf gemacht wird.

Goldketten sind dumm

Es gibt natürlich nicht nur Schwarz und Weiß. Rio-Besucher sollten sich genau überlegen, wohin sie sich begeben – im Süden der Stadt passiert generell weniger oder zumindest weniger Schlimmes als im Norden. Doch auch an den berühmten Stränden sollte man auf seine Brieftasche gut aufpassen oder am besten kaum Geld bei sich haben. Mit einer Goldkette an den Strand zu gehen ist die größtmögliche Dummheit. Und man kann in Rio auch einfach nur Pech haben. Mitglieder der österreichischen Delegation wurden gleich zu Beginn der Spiele am helllichten Tag direkt an der Strandpromenade in einen Hauseingang gedrängt und ausgeraubt.

Wahrscheinlich gewöhnt man sich an vieles, wenn man in Rio lebt. Wenn man zu Gast ist, fällt einem auf, dass in der U-Bahn jeder seinen Rucksack auf dem Bauch trägt. Und man empfindet es als unangenehm, sich überlegen zu müssen, was man mitnimmt, ob man das Handy wirklich braucht und auf welche Hosentaschen man wie viel Geld verteilt. Gleichzeitig ist Rio eine der schönsten Städte der Welt, und in vielen Gegenden dieser Stadt hat man das Gefühl, sich zumindest bei Tageslicht völlig sicher bewegen zu können.

Buhmann

Den IOC-Präsidenten Thomas Bach hat man während der Spiele kaum wahrgenommen. Wegen seines laschen Umgangs mit dem russischen Dopingskandal war er als Buhmann in die Spiele gegangen, da hätte Präsenz nur geschadet. Bach wird es nicht leichthaben, auch nur eine gewisse Glaubwürdigkeit als Dopinggegner oder gar Dopingjäger zurückzugewinnen. Die Festnahme des hohen IOC-Funktionärs Patrick Hickey wegen Ticket-Schwarzhandels kratzte zusätzlich am Image des IOC-Chefs, er hatte den Iren zum europäischen Olympia-Präsidenten gemacht.

Da wurde jenes Vorurteil bestätigt, dass es im IOC auch nicht viel sauberer zugeht als in der Fifa. Ob Bach seine Ankündigung umsetzen kann, die Olympischen Spiele kleiner und sympathischer zu machen? Die Hoffnung ist enden wollend. Je größer die Spiele, umso größer die Einnahmen. Ein Elefant ist ein Elefant ist ein Elefant. (Fritz Neumann, 22.8.2016)