Hinter der langsam anrollenden Kampagne für die nächste Hofburg-Stichwahl steckt auch die Frage: Gewinnt der rechte Populismus oder die Demokratie?

Ohne Populismus schafft es keine der ehemals kleineren Parteien wie FPÖ und Grüne, bei Nationalratswahlen die 15-Prozent-Marke zu überspringen. Zwei Faktoren kommen noch hinzu: Man braucht eine charismatische oder demagogische Führungsfigur sowie eine weniger gut gebildete Wählerschaft (Stadt-Land-Problematik).

Wenn Heinz-Christian Strache im "Sommergespräch" am Montag von Susanne Schnabl befragt wird, dominiert sicher das vom ÖVP-Populisten Sebastian Kurz geforderte Burkaverbot (Populismus), der FPÖ-Chef wird wie immer demagogisch agieren. In einem analytischen Teil, den man einspielen könnte, würde man sehen, dass die Freiheitlichen vor allem unter Wählerinnen und Wählern ohne Matura punkten. Die sind auf dem Land häufiger als in der Stadt.

Die Grünen, deren Chefin Eva Glawischnig vor 14 Tagen bei Schnabl wie die Funktionärin einer Altpartei auftrat, sind das genaue Gegenteil der FPÖ. Sie vermeiden (mit Ausnahme von Peter Pilz) Polemiken, Schwarz-Weiß-Muster und populistische Attacken. Sie haben (zum Unterschied von den erfolgreichen Grünen in Baden-Württemberg) keine charismatische Figur, und ihnen fehlen die absichtlich griffigen Feindbilder à la Antiislam für die ländliche Bevölkerung und die sozial Schwachen in den städtischen Randbezirken. Zunehmend erfasst die Angst vor extremen Muslimen auch gut Gebildete.

Es ist deshalb keineswegs sicher, ob sich der bereits einmal gewählte und vom Verfassungsgerichtshof wieder abgesetzte Alexander Van der Bellen erneut durchsetzen kann.

Zwar haben sich im bürgerlichen Lager die Neos und Irmgard Griss eindeutig für den Grün-Liberalen ausgesprochen, die ÖVP jedoch verhält sich widersprüchlich. Parteichef Reinhold Mitterlehner (und der gesamte Vorstand) müssten dem Außen- und Integrationsminister Kurz verbieten, thematisch für Norbert Hofer Stimmung zu machen. Weil das aber nicht geschieht, ist der Volkspartei zu unterstellen, dass sie die Wahl Van der Bellens hintertreibt.

Das heißt aber auch: Die ÖVP agiert derzeit antieuropäisch und unchristlich – siehe Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge.

Keine gerade Linie hat auch die SPÖ. Klubchef Andreas Schieder plädiert zwar für den Grün-Liberalen. Aber Parteichef Christian Kern duldet eine Extratour der burgenländischen "Genossen". Die weigern sich, wenigstens atmosphärisch etwas für Van der Bellen zu tun, und sie fanden kein einziges Wort der Kritik, als die FPÖ den Bruder von Norbert Hofer in die Sicherheitsabteilung des Landes hievte.

Van der Bellen freut sich zwar über eine Million privater Spenden, aber die kommen aus der "Zivilgesellschaft" und, wie es bei Griss der Fall war, aus vermögenden Quellen.

Macht- und Koalitionsüberlegungen scheinen wieder einmal zu dominieren. Demokratie und Rückgratstärke sind auf der Verliererseite. (Gerfried Sperl, 21.8.2016)