Kroatiens Mitte-rechts-Regierung hat nicht einmal ein halbes Jahr überlebt, aber trotzdem viel Schaden angerichtet. Insbesondere das Verhältnis zu Serbien hat sich in diesem Jahr noch um einiges verschlechtert, obwohl es ohnehin schon belastet war. Der Hauptgrund: Das EU-Mitglied Kroatien blockierte die Eröffnung neuer Beitrittskapitel für Serbien.

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Wie im Sport (Bild: Olympia-Match Kroatien gegen Serbien) ist auch in der Politik das Verhältnis von Streit und Wettbewerb geprägt.
Foto: Reuters / Andrej Isakovic

Zwar wies Zagreb auf einige wichtige inhaltliche Punkte hin – etwa dass Belgrad jahrelang eine nationalistische und provokante Politik betrieb, wenn es um Kriegsverbrechen während der drei Kriege in Kroatien, in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo ging. Doch die Art und Weise, wie das kroatische Außenministerium vorging, war kontraproduktiv. Insbesondere Deutschland und Österreich – sowie EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn – setzten sich erfolgreich dafür ein, dass der jüngste EU-Staat dann doch einlenkte.

Streitfaktor Wahlkampf

Wenn die Veto-Politik langfristig Schule gemacht hätte, würde in Südosteuropa, wo es noch zahlreiche Altlasten aufzuarbeiten gibt, durch wechselseitige Blockaden in Zukunft noch weniger vorangehen. Nun ist aber Wahlkampf – und in jedem kroatischen Wahlkampf spielt das Verhältnis zu Serbien eine Rolle. Oft wird es auch missbraucht, etwa als kürzlich Serbien nach monatelangen Verzögerungen doch noch das EU-Verhandlungskapitel 23 "Justiz" eröffnen konnte: Da reagierte Kroatien sofort und verlangte einmal mehr, dass die universelle Zuständigkeit in Sachen Rechtsprechung in Serbien abgeschafft werden müsse, wenn es um Kriegsverbrechen gehe.

Tatsächlich hat sich Belgrad in der Vergangenheit in Fälle eingemischt, die weder serbische Staatsbürger noch serbisches Territorium betreffen. Kroatien besteht daher darauf, dass das Kapitel 23 nicht geschlossen wird, bevor das Gesetz zur universellen Gerichtsbarkeit nicht geändert wird. Serbien verweigert dies, will aber darüber nachdenken, der kroatischen Minderheit im eigenen Staat eine bessere Stellung zu verleihen. Der Konflikt geht also weiter. Vieles könnte sich jedoch entspannen, wenn der Wahlkampf vorbei ist und eine neue Regierung im Amt ist – wohl ohne den jetzigen Außenminister Miro Kovac, der als Scharfmacher gilt.

Affäre "Kardinal Stepinac"

Bilateralen Dauerstreit gibt es aber auch über die etwas ältere Vergangenheit: Der Zweite Weltkrieg ist ein sehr beliebtes Thema, um die Emotionen in Kroatien und in Serbien hochzufahren. Diesen Sommer wird wieder einmal das Thema "Kardinal Stepinac" aufgekocht. So hat ein Zagreber Gericht dessen Verurteilung wegen Nazi-Kollaboration aufgehoben. Aloysius Stepinac wirkte in dem faschistischen kroatischen NDH-Staat. Der serbische Präsident Tomislav Nikolic, selbst den faschistischen Tschetniks zuzuordnen, meinte, dass Kroatien damit riskiere "die Unterstützung des zivilisierten, antifaschistischen und Anti-Nazi-Teils der Menschheit" zu verlieren.

Stepinac wurde 1946 im kommunistischen Jugoslawien zu 16 Jahren Haft verurteilt. Er hatte von 1941 bis 1945 das höchste Amt der katholischen Kirche in Kroatien inne. Das Zagreber Gericht argumentiert, Stepinac habe nie eine Chance auf ein faires Verfahren gehabt. Kroatische Katholiken bemühen sich seit langem um Stepinacs Heiligsprechung.

Handelsbeziehungen und Landwirtschaft

Im Konflikt mit dem Nachbarland Bosnien-Herzegowina geht es hingegen um etwas Aktuelles, nämlich um Handelsbeziehungen und Landwirtschaft: Die Republika Srpska (RS) verweigerte kürzlich ihre Unterschrift zur aktualisierten Version des EU-Abkommens, weil sie massive Einbußen für die bosnischen Landwirte befürchtete. Der Hintergrund: Als das alte EU-Abkommen zwischen Bosnien-Herzegowina und der EU abgeschlossen wurde, war Kroatien noch kein EU-Mitglied und exportierte viel zu besonders guten Bedingungen ins Nachbarland.

In Bosnien-Herzegowina hat man nun Sorge, dass zollfreie Produkte aus der gesamten EU den Markt überschwemmen könnten. Dabei geht es gerade um Produkte, die für Bosnien-Herzegowina mit seinem Agrarsektor lebenswichtig sind. Nun hat sich Deutschland in den Agrar-Handelsstreit eingemischt und seine Hilfe angeboten, wenn es um drohende Ausfälle in der bosnischen Landwirtschaft geht. (ANALYSE: Adelheid Wölfl aus Sarajevo, 20.8.2016)