Im Schoß des Bundeskanzleramtes landet jetzt eine brisante Angelegenheit: Mehrere muslimische Kulturvereine, darunter türkische, bosnische und arabische fechten die Wahl des neuen Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) an. Das Bundeskanzleramt muss laut Islamgesetz darüber entscheiden.

Damit entsteht eine neue Front zwischen der österreichischen Regierung und dem türkischen Erdogan-Regime. Denn zu Beginn des Sommers fand die ziemlich handstreichartige Übernahme der IGGiÖ durch erdogannahe Kräfte statt. Wie die muslimischen Beschwerdeführer beklagen, hat der größte türkische Verband Atib den neuen Präsidenten Ibrahim Olgun installiert. Atib untersteht völlig dem türkischen Staat. Der Handstreich gelang auch mithilfe weiterer großer türkisch-nationalistisch-religiöser Verbände. Im Schura-Rat, der den Präsidenten wählt, seien nicht genug andere Vereine vertreten.

Der vorige Präsident der IGGiÖ, Fuat Sanaç, wurde zum Rücktritt "überredet", weil er den restrikti-ven Bestimmungen des neuen Islamgesetzes zugestimmt hatte.

Das Bundeskanzleramt muss nun praktisch entscheiden, ob in der IGGiÖ eine rechtskonforme Wahl stattfand; und ob da erdogannahe Gruppen im offiziellen muslimischen Dachverband eine Machtergreifung durchgeführt haben. Das wird Augenmaß, aber auch Entschlossenheit erfordern. (Hans Rauscher, 17.8.2016)