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Die US-Präsidentschaftswahlen im November werden für die Wall Street wegweisend sein.

Foto: Mark Lennihan

Wien – Ausgelassene Stimmung an der Wall Street: Erstmals seit 1999 haben zuletzt alle drei wichtigen US-Aktienindizes, der Dow Jones, der marktbreite S&P-500 sowie der technologielastige Nasdaq-Index, gleichzeitig neue Rekordhochs erzielt. Ob und in welchen Branchen der Rekordlauf anhält, wird auch auf der politischen Bühne mitentschieden, wenn am 8. November die Präsidentschaftswahlen abgehalten werden. Diese stellen für die nächsten vier Jahre die wirtschaftspolitischen Weichen, welche auch die Rahmenbedingungen der Börse mitgestalten.

Dass die Investoren dem US-Wahlkampf bisher noch eher wenig Aufmerksamkeit schenken, liegt laut Beobachtern vor allem an dem relativ komfortablen Umfragevorsprung der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton, die als erste Frau im Weißen Haus Einzug halten könnte. Sollte das Pendel freilich Richtung der anderen Seite schwingen, jener ihres republikanischen Widersachers Donald Trump, droht Ungemach.

Trump als Unruheherd

"Ich lese aus der Reaktion des Marktes, dass Trump nicht gewinnen wird", meint Monika Rosen, Chefanalystin des Private Banking der Bank Austria. "Sollte Trump in den Umfragen nach vorn kommen und eine realistische Chance auf den Sieg haben, könnte das sehr wohl für Unruhe sorgen." In diesem Fall hält sie eine Korrektur an der Wall Street für möglich. "Clinton ist eine bekannte Größe, und sie macht keine Statements, die für Verwunderung sorgen", fügt Rosen hinzu. "Sie wäre für die Börsen sicher die bessere Wahl."

Nach Branchen betrachtet sollte der Infrastrukturbereich unabhängig vom Wahlausgang profitieren, da laut Rosen beide Kandidaten dort investieren wollen. Ähnliches gilt für den Verteidigungssektor, da ebenfalls beide planen, das Verteidigungsbudget aufzustocken. "Dazu kommt, dass die Welt derzeit viele Konflikte erlebt, was bedeutet, dass nicht nur die USA, sondern auch andere Staaten im wahrsten Sinne des Wortes nachrüsten", ergänzt Rosen.

Ende des Gesundheitsbooms

Abzureißen droht hingegen der Lauf des Gesundheitssektors, der sich unter dem amtierenden Präsidenten Barack Obama besonders positiv entwickelte. Unter einem Sieg Clintons könnte etwa die Pharmabranche leiden, da sie bestrebt ist, die Pharmapreise stärker zu deckeln. Im Gegenzug würde laut Rosen im Gesundheitsbereich die Biotechnologie von einem demokratischen Sieg profitieren. Sollte Trump das Rennen machen, sollte dies hingegen den gesamten Gesundheitssektor tendenziell bremsen.

In der Vergangenheit hat sich der Dow Jones Index, ähnlich wie im bisherigen Jahresverlauf, in Wahljahren gut entwickelt und im historischen Mittel seit 1900 mehr als fünf Prozent dazugewonnen. Wobei es von August bis Oktober oft zu einer Korrektur kommt, bevor nach geschlagener Wahl eine Jahresendrally anstehen sollte. Für eine zwischenzeitliche Schwächephase könnte demnächst auch die US-Notenbank Fed sorgen: "Wir nähern uns dem Zeitpunkt, zu dem es aus meiner Sicht angemessen ist, die Zinsen anzuheben", meint etwa der New Yorker Fed-Chef William Dudley, der eine Zinserhöhung im September nicht ausschließt. Die US-Wahl spiele für die Geldpolitik keine Rolle.

Zinssenkung wegen Trump

Anders sieht dies Citigroup-Chefökonom Willem Buiter, der die Fed bei einem Trump-Sieg sogar zu einer Zinssenkung genötigt sehen würde. Als Gründe führt er drohende Handelskonflikte und einen möglichen Angebotsschock am Arbeitsmarkt durch die angekündigte Immigrationspolitik an.

In den vorangegangenen Präsidentschaften erzielte George Bush jun. eine negative Börsenbilanz, während sein Nachfolger Obama trotz wenig kapitalmarktfreundlicher Politik fast die ganze Erholung nach dem Tief der Finanzkrise mitmachte. Am besten hat jedoch Bill Clinton während seiner zwei Amtszeiten in den 1990er-Jahren abgeschnitten. Sollte demnächst seine Gattin Hillary ins Weiße Haus einziehen, könnte er dies womöglich auch in der Rolle als First Husband wiederholen. (Alexander Hahn, 21.8.2016)