"Österreich war lange Zeit unter den wichtigsten Waffenlieferanten der arabischen Staatsterroristen", ärgert sich Grünen-Abgeordneter Peter Pilz.

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Wien – Angesichts der Einschätzung des deutschen Bundesnachrichtendienstes, dass sich die Türkei unter Präsident Recep Tayyip Erdogan zu einer "Aktionsplattform" für Islamisten entwickelt habe, kämpft der Grüne Peter Pilz für ein österreichisches Waffenembargo gegen jene Staaten, die bei den Konflikten im Nahen und Mittleren Osten mitmischen – allen voran gegen den Noch-EU-Beitrittskandidaten Türkei, aber auch gegen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Die heimische Handhabung des Kriegsmaterialgesetzes hält der Oppositionspolitiker für "verlogen" und an "Doppelbödigkeit" nicht zu überbieten, denn: Seit 2014 hat die Republik der Union den Export von Rüstungsgütern allein in die drei genannten Staaten im Wert von weit mehr als 40 Millionen Euro gemeldet, darunter Selbstladepistolen, 40-Millimeter-Granaten, Panzermotoren – und all das Gerät gerate rund um das Kriegsgebiet in Syrien sowie den Konfliktherd im Jemen mitunter in die Hände islamistischer Rebellen – was erneut Flüchtlinge zeitige.

Freiheit der Märkte

Grundsätzlich sind Österreich als neutralem Staat Waffenlieferungen an kriegsführende Staaten und Länder, in denen exportiertes Kriegsmaterial zur Unterdrückung von Menschenrechten verwendet werden kann, untersagt. De facto stellte in den vergangenen Jahren das Innenressort nach Herstellung des Einvernehmens mit dem Außenamt aber immer wieder umstrittene Genehmigungen aus. Eingebunden ist stets auch das Verteidigungsministerium, allerdings wird es nur dahingehend angehört, ob die Waffen gegen heimische Soldaten im Ausland eingesetzt werden könnten. Pilz nimmt daher hier vor allem Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht, endlich für einen Lieferstopp zu sorgen, allerdings habe dieser sich bei der Problematik angeblich bisher stets auf die Freiheit der Märkte berufen. "Ich bin mir sicher, dass es zu illegalen Genehmigungen im Außenministerium und damit zu Verstößen gegen das Kriegsmaterialgesetz gekommen ist", erklärt der Grüne.

Gesetzeslücken

Was die Türkei betrifft, seien laut Pilz unter den 2011 und 2012 erfolgten Waffenexporten auch rund 600 Scharfschützengewehre von Steyr Mannlicher an Ankaras Sicherheitskräfte über Deutschland geliefert und im Südosten der Türkei dann mitunter gegen kurdische Zivilisten eingesetzt worden. Die legistische Krux hierzulande ist: dass nach österreichischem Recht diese Gewehre nicht einmal als Kriegsgerät eingestuft sind, sondern als Sportwaffen gelten, sodass diese gar nicht unter die entsprechenden Genehmigungspflichten fallen. Dazu hält auch Außenamtssprecher Thomas Schnöll fest, dass auch 2015 für die Türkei "keine dem Kriegsmaterialgesetz unterliegenden Anträge" angefallen seien.

Der grüne Waffengegner ist mit seinen Embargoforderungen jedenfalls kein einsamer Rufer in der Wüste: Erst im Februar hat sich das EU-Parlament mit Mehrheit für einen Stopp von Waffenlieferungen an die Saudis ausgesprochen – bis dato gab es vom Rat aber keinen diesbezüglichen Beschluss. Pilz verlangt daher von Sebastian Kurz, Wolfgang Sobotka und Co, sich dafür starkzumachen. Doch auf Anfragen hin, ob dies vorstellbar sei, hielt man sich am Mittwoch in den zuständigen Ministerbüros bedeckt. (Nina Weißensteiner, 17. 8. 2016)