Wien/Graz – Eine Glückszahl ist es nicht wirklich: Mit Einstellung des "WirtschaftsBlattes" erscheinen am österreichischen Tageszeitungsmarkt nur noch 13 Kaufzeitungen. Dazu kommt mit "Heute" eine reine Gratiszeitung. Das "WirtschaftsBlatt" der Styria MediaGroup erscheint voraussichtlich am 2. September 2016 das letzte Mal.

Gedacht war es bei seiner Gründung 1995 als "Zusatzblatt für Führungskräfte", 21 Jahre später sind die Kosten des Betriebs trotz mehrerer Restrukturierungs- und Einsparungsetappen in den vergangenen Jahren auch künftig nicht vom Markt refinanzierbar sei, hieß es seitens der Eigentümer. Per Anfang September ist nun Schluss. 2014 erging es gleich zwei Medien – der "Kärntner Tageszeitung" und der "Salzburger Volkszeitung" – so, die Zahl der Tageszeitungen dezimiert sich nun noch mehr.

"Gründerzeit" der Presseszene

Ihre "Gründerzeit" hatte die österreichischen Presseszene 1945 erlebt, gleich nach dem Zweiten Weltkrieg. Unterstützt von den Alliierten und den politischen Parteien entstanden mehr als 30 tägliche Blätter, teilweise in Anknüpfung an Vorkriegstitel, darunter: "Salzburger Nachrichten", "Oberösterreichische Nachrichten", "Tiroler Tageszeitung", "Arbeiter-Zeitung", "Österreichische Volksstimme", "Wiener Kurier", "Vorarlberger Nachrichten", "Weltpresse", "Wiener Zeitung", "Linzer Volksblatt", "Neue Zeit" und "Tiroler Nachrichten". Auch die SVZ stammte aus dieser Periode: Erstmals erschien die "Salzburger Volkszeitung" am 23. Oktober 1945 und war von Beginn an Sprachrohr der ÖVP. Erst 2005 übernahmen sie private Eigentümer.

Schon weniger expansiv entwickelte sich der österreichische Pressemarkt in den folgenden Jahren: 1946 und 1947 startete jeweils eine Tageszeitung: die "Welt am Abend" und im Jahr darauf die "Wiener Tageszeitung". 1948 folgten drei, unter ihnen die Grazer "Kleine Zeitung" und das Wiener Großformat "Die Presse" (exakt 100 Jahre nach seiner Erstgründung im Jahre 1848). In den 50er Jahren erblickten "Salzburger Volksblatt" (1950), "Bild-Telegraf" (1954) und "Express" (1958) das Licht der Welt.

"Kronen Zeitung"

Am 11. April 1959 schließlich erschien schließlich ein Blatt, das die heimische Zeitungswelt nachhaltig prägen sollte: die "Kronen Zeitung", gegründet von Hans Dichand und Kurt Falk. Die beiden machten das Kleinformat zum auflagenstärksten Titel am Tagesmarkt.

Kampf ums Überleben

Andere Verlage kämpften in den 1960er-Jahren indes ums Überleben – und so mancher verlor. 1964 stellte die "Österreichische Neue Tageszeitung" ihr Erscheinen ein, 1967 folgten ihr die "Volksstimme"-Ausgaben für Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Und es wurde nicht einfacher: In diesem Jahr nämlich begann ein besonders starker, bis 1972 dauernder Konzentrationsschub. Innerhalb von fünf Jahren gaben ebenso viele Zeitungen auf, darunter der "Express", der Mitte der sechziger Jahre zweitgrößte österreichische Tageszeitung gewesen war. Auch das Wiener ÖVP-Organ "Volksblatt" erschien 1970 zum letzten Mal.

Parteizeitungen hatten überhaupt einen schweren Stand. Die im Besitz der ÖVP Steiermark stehende "Süd-Ost-Tagespost" etwa gab 1987 auf. Die "Volksstimme", Tageszeitung und Zentralorgan der KPÖ, wurde im März 1991 eingestellt. Aufsehenerregendes Ende einer Ära aber war vor allem das Aus für die "Arbeiter-Zeitung", die im Herbst 1991 – 102 Jahre nach ihrer Gründung – ein letztes Mal erschien. Das ehemalige SPÖ-Blatt "Neue Zeit" wurde 2001 eingestellt. Aus der "Kärntner Tageszeitung" zog sich die SPÖ 2009 zurück, im Frühjahr 2014 wurde das Blatt gänzlich eingestellt. Letzte Parteizeitung am Markt ist damit das "Neue Volksblatt" im Eigentum der ÖVP Oberösterreich.

Wenige Neugründungen

All diesen Abgängen stehen nur wenige Neugründungen seit den 1980er-Jahren gegenüber. 1988 lancierte Oscar Bronner den "Standard", 1990 startete "Guten Tag Niederösterreich", 1992 Kurt Falks "täglich alles". Die beiden letzteren existieren nicht mehr – wobei die Einstellung von "täglich alles" im Jahr 2000 ein gehöriger Knalleffekt war.

1995 startete schließlich das "WirtschaftsBlatt" als "Zusatzblatt für Führungskräfte". Es wurde dann immer näher an die "Presse" herangeführt; nun wird es eingestellt. 2006 startete Wolfgang Fellner die Tageszeitung "Österreich". Sie wird mittlerweile überwiegend gratis vertrieben. Von Anfang an kostenfrei zu haben war "Heute", das 2004 in Wien startete. Es war der zweite Anlauf für eine U-Bahn-Zeitung: Nachdem der Trend zum Gratistitel für Pendler auch in Österreich Fuß zu fassen schien, hatte Hans Dichand zuvor den "U-Express" auf die Reise geschickt. Dichands Partner drehten dieses Projekt aber ab. (APA, 17.8.2016)