Norbert Hofer gibt gerne den Hahn im Korb. Mit unverwüstlichem Zahnpastalächeln bewaffnet hat der FPÖ-Kandidat am Wochenende das Geflügelfest Gackern im Lavanttal besucht. Fotos auf Facebook zeigen viele Menschen in Dirndl und Lederhose, Poster liefern den erwünschten Beipacktext. "Ganz normale Bürger auf der Seite unseres Kandidaten", schreibt einer: "Keine gekauften Möchtegern-Promis mit Existenzängsten."

Ins Hautevolee-Eck will sich die Konkurrenz nicht kampflos stellen lassen, und so bieten die Bilder auf Alexander Van der Bellens Facebook-Seite dieser Tage eine nicht minder hohe Trachtendichte. Der grünaffine Professor hat das Wachauer Marillenfest ebenso besucht wie ein Hubert-von-Goisern-Konzert und die Schilchertage in Stainz, er zeigt sich mit Blaskapellen, Pfarrern, Biobauern. Nur ein Unterschied zu Hofers Motiven sticht ins Auge: Einen Lodenjanker hat sich VdB bis dato noch nicht zugemutet.

Norbert Hofer beim Gackern-Fest im Lavanttal: Abgrenzung von "gekauften Möchtegern-Promis mit Existenzängsten".
Hofer/Facebook

Vorgeplänkel auf Sommerbühne

Offiziell starten die Teams beider Lager erst im September ihre Kampagnen für die Neuauflage der Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten, doch schon jetzt zeigen die Kandidaten viel Einsatz. Bevorzugte Bühne des Vorgeplänkels sind die sommerlichen Volksfeste – ein Terrain, auf dem Van der Bellen Luft nach oben wittert. Im ersten, vom Verfassungsgericht annullierten Versuch hatte schließlich Hofer in weiten Teilen des ländlichen Österreichs die Nase vorne.

Tatsächlich könnten die Signale bei ehemaligen ÖVP- und Griss-Wählern, die mit Hofer nichts am Hut haben, aber sich bisher nicht zu Van der Bellen durchringen konnten, verfangen, sagt Politikberater Thomas Hofer, warnt aber vor großen Erwartungen. Keinem der Kandidaten werde es am 2. Oktober gelingen, seine Wählergruppe großartig zu erweitern, prophezeit der Experte. Angesichts der hohen Wahlbeteiligung von 72,2 Prozent bei der aufgehobenen Stichwahl sei etwas anderes entscheidend: Gewinnen werde, wer den größeren Teil seiner Wähler von damals wieder zum Gang ins Wahllokal motivieren kann.

Zu tranig aufgetreten

Völlig neu erfinden müssten sich die Rivalen dafür nicht, sagt Thomas Hofer. So sei Van der Bellen gut beraten, sich weiterhin zum Garanten gegen einen freiheitlichen Präsidenten zu stilisieren, nur gelte es diesen Trumpf aktiver auszuspielen als beim ersten Versuch: "Mir ist Van der Bellen da ein bisserl zu tranig aufgetreten."

Das passende Thema, um eine solche Offensive anzuzetteln, haben Van der Bellen und seine Mitstreiter längst identifiziert. Wer Kampagnenleiter Lothar Lockl nach der Linie des Wahlkampfes fragt, bekommt immer wieder das Wörtchen "Öxit" serviert. Norbert Hofers Koketterien mit einem EU-Austritt Österreichs nach dem chaotischen Vorbild der Briten sollen der perfekte Kontrast sein, um Van der Bellen als Staatsmann darzustellen, der – so Lockl – verlässlicher Partner in Europa sei, über Parteigrenzen hinweg Orientierung gebe und in unruhigen Zeiten für Stabilität sorge.

Alexander Van der Bellen bei den Schilchertagen in Stainz: Eindruck machen auf ehemalige ÖVP- und Griss-Wähler.
Foto: Facebook/Chapalain

Bürger und Oligarchen

Um den Kandidaten entsprechend in Szene zu setzen, kalkuliert Lockl mit einem Budget von 1,5 bis zwei Millionen Euro. Die Grünen werden ihr Scherflein dazu beitragen, doch ein Gutteil soll die beschworene "breite Bürgerbewegung" für Vdb beisteuern. Mit Stand 21. Juli – so die aktuellste Zahl – sind für die Stichwahl Spenden in Höhe von 486.000 Euro eingetrudelt, 100.000 davon zahlte der Neos-nahe Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner.

"In Wahrheit stehen hinter Van der Bellen politische Oligarchen", stichelt prompt der freiheitliche Wahlkampfleiter Herbert Kickl, der die für die eigene Kampagne veranschlagten zwei Millionen Euro ausschließlich aus der Parteikasse der FPÖ schöpfen will. Auch das blaue Drehbuch erfindet die Rolle des Kandidaten nicht wirklich neu. Während "Systembetonierer" Van der Bellen im Elfenbeinturm sitze und als "Handlanger der Mächtigen" fungiere, sei Hofer ein Mann aus dem Volk, sagt Kickl: "Der Präsident als Nachbar." (Gerald John, 17.8.2016)