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Wenn chronisch kranke Kinder eingeschult werden, kommen auch Lehrerinnen und Lehrer mitunter in Situationen, in denen sie gefordert sind, zu helfen – bisweilen sind es juristisch heikle Konstellationen.

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Wien – Es ist eine Grauzone, die allen bewusst ist: Bei der Betreuung chronisch kranker Kinder in der Schule kann es zu Situationen kommen, in denen die Lehrerinnen und Lehrer, die einem betroffenen Kind helfen, schnell in juristisch problematische Konstellationen geraten können. Dann würden sich im Ernstfall, sollte etwas passieren, komplizierte Haftungsfragen stellen, vor denen die Lehrergewerkschaft im STANDARD (Dienstagausgabe) gewarnt hat.

Für "freiwillig" haftet die Republik nicht

Dann nämlich, wenn eine Hilfsleistung unter juristischen Aspekten als "freiwillig" einzustufen wäre und daher nicht unter das Amtshaftungsgesetz fallen würde. In dem Fall wäre der jeweilige Pädagoge selbst haftbar. Unter diesen Umständen müsste er den Lehrern dringend empfehlen, chronisch kranke Kinder nur noch "sehr restriktiv" zu betreuen, um nicht in die Bredouille zu kommen, sagte Pflichtschullehrergewerkschaftschef Paul Kimberger.

Im Bildungsministerium sei man sich des Problems "bewusst", hieß es am Dienstag: "Wir arbeiten auch schon mit Hochdruck daran, es zu lösen", sagte Sprecherin Patrizia Pappacena zum STANDARD: "Es ist uns bewusst, dass es da einen Bereich gibt, den wir juristisch besser abbilden müssen, um die Lehrerinnen und Lehrer besser zu schützen", formuliert sie Bildungsministerin Sonja Hammerschmids (SPÖ) Position.

Ministerium will rasch unkomplizierte Lösung

Aus Ministeriumssicht sei wichtig, dass "rasch eine unkomplizierte Lösung" gefunden wird. Dazu gebe es – in Absprache mit dem Gesundheitsministerium – derzeit verschiedene Überlegungen, die aber noch nicht konkretisiert werden könnten.

In Österreich gibt es mehr als 190.000 Kinder, die unter Asthma, Allergien, Diabetes, Epilepsie oder Rheuma leiden und medizinisch-pflegerische Unterstützung brauchen – auch in der Schule.

Es gibt sehr genaue juristische Einschränkungen, was Lehrerinnen und Lehrer unter dem Mantel der Amtshaftung dürfen, und was nicht, erklärt Pappacena. Generell gelte: "Für Beamte gibt es Amtshaftung für alle Tätigkeiten, die Laien zumutbar sind. Wenn Beamte Tätigkeiten freiwillig übernehmen, dann greift die Amtshaftung nicht mehr." Das heißt etwa, Tablettengabe oder eine Erinnerung an die Tabletteneinnahme, gelten als für einen Laien zumutbar: "Wenn da etwas passiert, greift die Amtshaftung."

Für Laien nicht zumutbar

Für Laien nicht zumutbare Tätigkeiten, die nach § 50a des Ärztegesetzes eine ärztliche Einschulung voraussetzen – und nur freiwillig von Lehrern übernommen werden, ihnen aber nie verpflichtend auferlegt werden können -, fallen hingegen nicht unter den Schutz der Amtshaftung. Dazu gehören Insulininjektionen für Kinder mit Diabetes oder rektal zu verabreichende Medikamente.

Zwar habe es noch keinen derartigen Haftungsfall gegeben, aber man wolle "pro futuro", für etwaige künftige Fälle, eine Lösung herbeiführen. Jedenfalls sei es Ministerin Hammerschmid "ein persönliches Anliegen, rasch eine gute Lösung zu finden, weil wir in der Schule mit den derzeitigen Strukturen auch darauf angewiesen sind, dass die Lehrerinnen und Lehrer das machen, denn nur so ist Inklusion von chronisch kranken Kindern möglich." (Lisa Nimmervoll, 16.8.2016)