Mit dem Artikel im Falter ("Uns reicht's!") haben namhafte Journalistinnen aufgezeigt, dass in der digitalen Welt eine rote Linie überschritten wurde: Frauen, in diesem Fall Medienfrauen, aber auch Sozialarbeiterinnen, Lehrerinnen, Unternehmerinnen und Politikerinnen, sind im digitalen Raum vermehrt Hass und Hetze ausgesetzt. Dort wird kein Dialog gesucht, sondern auf tiefster Ebene mit sexualisierter Sprache überwiegend gegen Frauen gehetzt.

Vom Gesetz her nicht ausreichend geschützt, ziehen sich Frauen und auch andere Gruppen Betroffener von Facebook oder Twitter zurück. Somit verstummen wichtige Stimmen, die fortan im digitalen Raum nicht mehr gehört werden können. Hier geht es schlichtweg um das Mundtotmachen von Meinungsmachern.

Der Guardian hat 70 Millionen Onlinekommentare der vergangenen zehn Jahre analysiert. Das Ergebnis ist erschreckend: Die meistbedrohten Journalisten des Hauses waren acht Frauen und zwei schwarze Männer. Analysen des Europarates unterstreichen, dass sich der meiste Hass im Netz an Frauen, an Menschen religiöser Minderheiten, an Menschen mit einer anderen Hautfarbe als weiß oder an Menschen aus der LGBTI-Community entlädt.

Da das österreichische Gesetzbuch hier Lücken aufweist, haben wir Grünen eine Initiative gestartet. Das Problem ist, dass Betroffene von Verhetzung oft nur über eine Privatanklage Täter verfolgen können und somit das volle Prozesskostenrisiko tragen. Um dieses nicht einzugehen, löschen Opfer verbaler Gewalt eher ihren eigenen Account, als den mühsamen Weg durch die Instanzen anzutreten. Die Täter bleiben ungestraft – ihr Hass verbreitet sich im Netz munter weiter.

Besonders schützenswert

Auch im Verhetzungsparagrafen werden jene Gruppen, die übrigens im Netz auch die überwiegende Mehrheit der Betroffenen ausmachen, als besonders schützenswert genannt. Schon jetzt könnten sie – sehr eingeschränkt – die Staatsanwaltschaft auch bei Beleidigungen anrufen. Unserer Auffassung nach sollen diese Beschränkungen fallen und soll in Zukunft daher die Staatsanwaltschaft in jedem Fall eine Anlaufstelle für sie sein, wenn sie im Netz aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, körperlichen Beeinträchtigung oder sexuellen Orientierung beleidigt werden oder mit Diffamierung im Internet konfrontiert sind.

Der Aufschrei, dass unsere Initiative keine weißen, heterosexuellen Männer schützen wolle, kam prompt. Dabei wird übersehen, dass diese zwar keine vom Verhetzungsparagrafen explizit geschützte Gruppe sind, aber trotzdem wegen weltanschaulicher Beleidigungen geschützt sein können. Aber wir verwehren uns der Debatte nicht und haben betont, dass wir unsere Initiative nur als einen ersten Schritt sehen. Ein weiterer könnte sein, unabhängig von geschützten Gruppen besonders schwerwiegende Beleidigungen miteinzubeziehen und damit den Schutz allgemein zu erhöhen.

Wir als Gesellschaft verbringen immer mehr Zeit im digitalen Raum. Fakt ist: Hass und Hetze haben nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. Sie dienen als Mittel zum Zweck, andere mundtot zu machen. Es braucht mutige Initiativen – vor allem seitens der Politik. (Eva Glawischnig, 16.8.2016)