Richard Moll prägte ihn 1985: den Begriff der Public Ivys. Es geht dabei um jene öffentlichen Universitäten, die ihren Studierenden ein ähnlich qualitätsvolles Studium bieten wie jenes an den besten Privatunis der USA. Die ursprüngliche Ivy League, benannt nach den efeuberankten Campusgebäuden in Neuengland, ist eigentlich eine Sportliga: Die College-Teams von Brown, Columbia, Cornell, Dartmouth, Harvard, Princeton, Yale und der University of Pennsylvania maßen und messen sich in dieser miteinander. Der Begriff ging allerdings rasch auf die Universitäten als solche über, die zu den wohlhabendsten und erfolgreichsten der Welt gehören.

Heute begegnen sie uns prominent in den League Tables anderer Art: in den weltweiten Universitätsrankings, allen voran dem Academic Ranking of World Universities (kurz "Shanghai-Ranking") und den Times Higher Education World University Rankings ("THE-Ranking"). Es sind Institutionen, die wir alle kennen und für ihre intellektuelle Strahlkraft und globale Reputation bewundern.

Molls Vision der Public Ivys war es, staatlich finanzierte Universitäten herauszustellen, die etwas weniger bekannt sind, aber trotzdem hervorragende, jederzeit konkurrenzfähige universitäre Bildung gewährleisten: "getting a first-rate education without paying Ivy League tuitions". Das beste Beispiel dafür ist das Modell der University of California mit ihren mittlerweile zehn Standorten im größten Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika: Acht davon sind im weltweiten Shanghai-Ranking 2015 unter den ersten 100, mit Berkeley (UCB) auf Platz vier, Los Angeles (UCLA) auf zwölf, San Diego (UCSD) auf 14 und San Francisco (UCSF) auf Platz 18.

Und Österreich?

Ganz falsche Maßstäbe für Österreich? Mag sein. Blicken wir etwas tiefer in die Tafeln. Dort findet sich beispielsweise die University of Wisconsin-Madison auf Platz 24, die Universität Kopenhagen auf 35, Oslo auf 58, Uppsala auf 61, die Universität Bristol auf 66, die Hebrew University Jerusalem, die Ohio State University (Columbus) und die Universität Helsinki gleichauf auf 67, Ghent auf 71, Aarhus auf 73, Groningen auf 75, die University of Arizona auf 90, die Arizona State University dicht darauf auf 93 und die University of Utah gleichfalls auf 93.

"Rankings, shmankings", lässt sich jetzt natürlich sagen; und tatsächlich sind alle Universitätsrankings problembehaftet. Zum Beispiel ist es schwierig, Nobelpreise zu erringen, wenn man die Nobelpreisfächer gar nicht im Repertoire hat; und teils geht die "faculty student ratio", also die Betreuungsrelation, direkt ins Ranking ein. Überhaupt ist der pauschale Vergleich ganzer Universitäten fragwürdig. Dennoch: Auch wenn der Umkehrschluss, Universitäten ohne Spitzenplatz wären schwach, irrig ist, machen jene unter den Top 100 offenbar etwas richtig.

Wir wollen in Österreich so gut werden wie die University of Utah (eine mormonische Gründung) oder die Arizona State University oder gar wie die Universitäten Oslo, Arhus oder Groningen. Dafür benötigen wir allerdings dringend seriöse, international vergleichbare Spielregeln (Kapazitätsorientierung) und eine tatsächlich wettbewerbsfähige Finanzierung.

Austriakischer Fluch

Kann es in Österreich Public Ivys geben? Öffentliche Universitäten, die mit den weltbesten Schritt halten können? Die durch beste Bildung kommender Generationen den Wohlstand unseres an Bodenschätzen armen, aber an intellektueller und künstlerischer Tradition reichen Landes sichern? Natürlich. (In der Schweiz gibt es sie.) Das Zeug dazu ist vorhanden – wäre da nicht, schlag' nach bei Grillparzer, der austriakische Fluch, "auf halben Wegen und zu halber Tat / mit halben Mitteln zauderhaft zu streben".

"Now There's Another Ivy League" heißt es auf dem Einband von Molls Buch. Es wäre gelacht, wenn das – in den Dimensionen von Public Ivy – nicht auch Österreich gelänge. Doch dafür müsste man neben der Wirtschaft auch die Universitäten "entfesseln". (Oliver Vitouch, 16.8.2016)