Fehlen des kaufmännischen Einmaleins wird laut Gläubigerschützern zunehmend zum Problem.

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Wien – Fahrlässigkeit oder Kapitalmangel sind immer seltener Grund für eine Pleite. Dafür scheitern immer mehr Firmen an internen Fehlern im oberen Management. Diese Ursache hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und 2015 im Zehn-Jahres-Vergleich mit 51 Prozent einen Höchststand erreicht, geht aus einer Analyse der Gläubigerschützer vom KSV1870 hervor.

"Mehrheitlich scheitern die Betriebe an fachlicher Unwissenheit, also schweren internen Fehlern", heißt es. Fehlende Planung, falsche Kalkulationen, unterschätzte Kostensteigerungen oder Absatzschwierigkeiten – oft mangle es in den Betrieben an fundamentalem Know-how, und es komme zu schwerwiegenden internen bzw. innerbetrieblichen Fehlern.

Heute mehr Fachkenntnis vonnöten

Oft seien "Personen in den obersten Rängen zugange, die das kaufmännische Einmaleins nicht ausreichend beherrschen", so Hans-Georg Kantner, Leiter des Insolvenzbereichs beim Kreditschutzverband von 1870 am Dienstag. Viele Aufgaben würden heute mehr Fachkenntnis als noch vor zehn Jahren erfordern, etwa im Steuerrecht, zudem kämen stetig neue Themen hinzu wie Compliance, Datenschutz, Barrierefreiheit etc. Da stelle sich die Frage, ob das Management die richtigen Prioritäten setze, ausreichend Zeit für die überlebenswichtigen Aufgaben aufwende und die restlichen Themen delegiere, so Kantner.

Von insgesamt 51 Prozent der Pleiten, für die der KSV1870 im Jahr 2015 Fehler im innerbetrieblichen Bereich als Ursache ortete – 2006 waren es lediglich 36 Prozent -, entfielen 40 Prozentpunkte auf das "Fehlen des unbedingt notwendigen kaufmännischen Weitblicks, der rationellen Planung bei Funktionsänderungen und Absatzschwierigkeiten". Weitere sieben Prozentpunkten werde "Kalkulationsfehler, Produktionsmisserfolge" zugeordnet, vier Prozentpunkte "mangelnde Beobachtung der Wirtschaft, Angebot-Nachfrage, Zinsen- und Kostensteigerungen, Umstrukturierungen, Differenzen in der Geschäftsführung usw.".

Weniger Insolvenzen aus Fahrlässigkeit

Rückläufig war dagegen "Fahrlässigkeit" als Insolvenzursache mit zuletzt nur noch elf Prozent – im Jahr 2006 waren das noch 22 Prozent. Auch Kapitalmangel ist immer seltener Grund für Pleiten, zuletzt nur noch in neun Prozent der Fälle nach noch 16 Prozent vor einem Jahrzehnt. "In Zeiten von Basel III ist das Bewusstsein für solide Unternehmensfinanzierung merkbar gestiegen", so die Gläubigerschützer. Man wisse, dass der schnelle Kredit in der gewünschten Höhe nicht immer gewährt werde und sorge daher vermehrt für eine solide Grundausstattung.

Externe Ursachen wie eine veränderte Marktlage, überraschende Steuererhöhungen oder Kreditrestriktionen seien das eine Jahr mehr und das andere Jahr weniger ein Thema, so der KSV1870. Die Werte schwanken zwischen zehn und 20 Prozent, 2015 waren 15 Prozent der Pleiten von solchen Gründen verursacht. (APA, 16.8.2016)