Manche Passagiere der "Mein Schiff 3" staunten nicht schlecht: Sie wussten nicht, dass die Wiener Philharmoniker an Bord waren.

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Es ist das vierte Mal, dass die Wiener Philharmoniker, eines der renommiertesten Orchester der Welt, in See stechen.

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Stardirigent Zubin Mehta stieg in Civitavecchia zu – aber nicht ohne vorher noch eine richtig gute Pizza auf dem Festland genossen zu haben. Fast wäre die Abfahrt des Schiffs verzögert worden.

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Nicht alle Passagieren an Bord des Kreuzfahrtschiffes haben die Wiener Philharmoniker "gebucht". Einlass in den exklusiven Circle der Konzertgesellschaft bekam nur, wer eine teurere Passage gebucht hatte.

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Er ist keine fünf Meter breit, dafür aber 25 Meter lang und eingesäumt von Liegestühlen – der Außenpool gut 30 Meter über dem Meer. Und man kann darin, sofern man es früh genug aus dem Bett schafft, ungestört Bahnen ziehen.Mit etwas Glück kann es passieren, dass man das Becken mit jemandem teilt, der abends zuvor noch auf der Konzertsaalbühne des Schiffs das Fagott geblasen oder die Violine gestreichelt hat.

Es ist nicht irgendein Orchester, das da mit zwölf Knoten durch das Meer pflügt, und nicht irgendeine Kreuzfahrt. Die "Mein Schiff 3" von Tui Cruises ist von Palma de Mallorca zu einer zehntägigen Fahrt aufgebrochen – mit an Bord: die Wiener Philharmoniker, Gesang-Größen wie Ramon Vargas, Bernarda Fink und Thomas Hampson sowie 2500 Passagiere. So viele finden auf diesem Schiff Platz. Nicht alle haben das teure Arrangement gebucht, was da und dort für einige Irritationen sorgen sollte.

Es ist das vierte Mal nach 2008, 2010 und 2012, dass eines der renommiertesten Orchester der Welt mit diversen Größen des Kammerfachs in See sticht und auf Tuchfühlung mit den Fans geht. Die Idee dazu hatte Michael Springer, Chef eines auf Reisen spezialisierten kleinen Familienbetriebs in Klagenfurt – "MS 6".

Überzeugungsarbeit

Selbst eingefleischter Klassikliebhaber, wollte Springer anstelle von Busreisen einmal etwas Besonderes wagen. Nach längerer Überzeugungsarbeit bei den Philharmonikern, viel persönlichem Einsatz und nicht zuletzt der Bereitschaft, auch ein erhebliches finanzielles Risiko einzugehen, ist daraus "Meer & Musik" entstanden, eine Veranstaltungsreihe, die allein heuer an die 830 Musikliebhaber aus so gut wie allen Teilen der Welt an Bord der Mein Schiff 3 gelockt hat.

Viele kannten sich schon von vorangegangenen Reisen, manche sind neu dazugestoßen, einige haben sich schon wieder für September 2018 verabredet, wenn "Meer & Musik" die fünfte Auflage erfahren wird. Hauptattraktion für alle, die das Arrangement gebucht haben, sind die Philharmoniker. Die Reise ist nicht eben billig. 5000 Euro aufwärts muss zahlen, wer das Gesamtpaket mit Balkonkabine inklusive Vorträgen, Proben und Konzerten, darunter eines im Stadttheater von Livorno und eines im Palau de la Musica in Barcelona, haben möchte. Der Altersschnitt ist deutlich höher als bei herkömmlichen Kreuzfahrten. In den elf Restaurants und zwölf Bars an Bord gilt "Premium inklusive", auch für "normale" Tui-Gäste. Extra bezahlt werden muss nur für die Spezialitäten-Gastronomie, etwa beim Japaner, in der exklusiven Café Lounge oder in der Champagnerbar.

Die Pizza des Maestro

Zubin Mehta, der große Dirigent aus Indien, ist in Civitavecchia an Bord gekommen, wo das Schiff nach dem Ablegen in Palma und einem Zwischenstopp in Ajaccio zum Auftanken und Auffüllen der Essens- und Trinkvorräte vor Anker gegangen ist. Rom, 80 Kilometer von Civitavecchia entfernt, war für viele ein Grund, das reichhaltige Unterhaltungsangebot an Bord gegen einen weniger komfortablen Bussitz zu tauschen und einen knappen Tag in der italienischen Hauptstadt zu verbringen. Und Maestro Mehta hätte fast die Abfahrt des Schiffs verzögert. Er wollte unbedingt noch eine echte Pizza auf festem Boden verzehren, bevor er an Bord ging. Ist sich knapp, aber doch ausgegangen.

Der rund 900 Personen fassende Theatersaal im Vorderteil des Schiffs war mucksmäuschenstill, als Mehta dann ohne Dirigentenstab, dafür entspannt sitzend und eloquent von Deutsch ins Englische und zurück wechselnd Schmankerln aus seiner Zusammenarbeit mit "dem besten Orchester der Welt" vortrug.

Musikalische Höhepunkte

Schon bald hatte sich herumgesprochen, dass die Philharmoniker an Bord sind. Philharmoniker-Vorstand Andreas Großbauer und Staatsopernchef Dominique Meyer hätten sich über viele Zuhörer gefreut, doch so manchem Gast an Bord, der Einlass begehrte in den exklusiven Circle, wurde dieser verwehrt. Beim Schwimmen im Pool oder im Restaurant konnten auch Gäste, die deutlich weniger für die Kreuzfahrt gezahlt hatten, den Musikern nahe sein. Von den musikalischen Höhepunkten aber waren sie ausgeschlossen.

Springer weiß um das Problem. Am liebsten wäre ihm ein Schiff für die Philharmoniker und ihre Fans allein. Doch ein kleiner dimensioniertes Schiff, das über eine entsprechende Ausstattung verfügt, gibt es noch nicht. So wird es wohl auch in Zukunft den einen oder anderen Kompromiss geben müssen. (Günther Strobl, 17.8.2016)