Istanbul – Das harte Vorgehen der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdoğan nach dem Putschversuch vom 15. Juli scheinen die türkischen Wähler zu goutieren. Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Metropoll zufolge drückten im Juli 68 Prozent der Befragten Erdoğan ihre Unterstützung aus. Im Juni waren es noch 47 Prozent.

In der Türkei wurden seit dem Putschversuch Mitte Juli bisher 35.022 Menschen zumindest vorübergehend festgenommen worden. Allein 3500 Richter und Staatsanwälte wurden suspendiert – ein Viertel des Landes. Am Donnerstag wurde die Festnahme von knapp 650 von ihnen angeordnet.

Innenminister Efkan Ala wurde mit der Äußerung zitiert, dass fast 76.100 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes entlassen wurden. Bildungsminister Ismet Yilmez sagte, rund 27.500 Beschäftigten im Bildungssektor sei im Zuge von Ermittlungen die Arbeitserlaubnis entzogen worden.

Widerstand gegen Diplomaten-Rückruf

Außenminister Mevlüt Cavusoglu zufolge wurden allein in seinem Ressort 300 Mitarbeiter entlassen, darunter zwei Botschafter. Dem Fernsehsender NTV sagte er, mehrere türkische Diplomaten hätten sich ihrer Zurückbeorderung in die Heimat widersetzt.

Erdoğan hält den Prediger Fethullah Gülen für den Drahtzieher des Umsturzversuches und geht massiv gegen seine Organisation in der Türkei und mutmaßliche Anhänger in der Verwaltung vor. Gülen, der seit 1999 im selbst gewählten Exil in den USA lebt, bestreitet eine Verwicklung in den Putsch und hat diesen verurteilt.

Die Gülen-Organisation versteht sich als vom Islam inspirierte soziale Bürgerbewegung. Den Weg zum Islam suchte sie in der lange vom Säkularismus geprägten Türkei über die Bildung. Inzwischen steuert sie ein internationales Netz an Einrichtungen mit dem Ziel, eine "goldene Generation" aus religiösen, tugendhaften und gut ausgebildeten Menschen zu schaffen. (APA, 11.8.2016)