PRO: Druck rausnehmen

von Sebastian Fellner

Einmal mit beiden Beinen im Erwachsenenleben, sehnt man sich nach ihnen zurück: nach den scheinbar endlosen Sommern der eigenen Kindheit. Schlafen bis mittags, Langos essen im Freibad – und die Gewissheit nach der Zeugnisverteilung, dass nun neun volle Wochen Glückseligkeit bevorstehen.

Wie so oft ist die Erinnerung lückenhaft und schöngefärbt. Was wir oft nicht mitbekommen haben: die gestressten Versuche der Eltern, eine Betreuung für den Nachwuchs aufzutreiben. Was wir vergessen: die quälende Langeweile, die sich spätestens ab Woche sieben einstellt.

Und die lästige Zeit zwischen den Ferien. Zu Spitzenzeiten schultern Schüler eine gewaltige Last aus Hausaufgaben und Prüfungsvorbereitung. Da sehnt man sich schon im Oktober nach dem nächsten Sommer.

Statt des krassen Gegensatzes zwischen Hochdruckherbst und Vakuumsommer wäre es gescheiter, die langen Ferien zu verkürzen und damit Druck aus dem Schuljahr zu nehmen. Dafür wäre es aus pädagogischen Gründen hoch an der Zeit. Doch in der österreichischen Bildungspolitik finden solche Motive wenig Platz; sonst würden Sechsjährige nicht vor acht habachtstehen müssen, sonst würden Kinder nicht Stunden am Stück frontalunterrichtet werden. Wie auf andere Reformen werden wir noch länger auf die Ferienverkürzung warten müssen. Genießen wir derweil den Sommer. (Sebastian Fellner, 11.8.2016)

KONTRA: Lob der langen Weile

von Lisa Nimmervoll

Neun Wochen und zwei Tage schulfrei. 65 Tage! Die großen Ferien. Allein das Wort Ferien – vom lateinischen "feriae", das Fest- oder Feiertage meint – deutet schon an, dass das etwas anderes ist als bloß ein Urlaub. Urlaub hat eine Funktion, er unterbricht den Arbeitsalltag, um die Werktätigen wieder fit zu machen für ihre Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt. Wenn das der Sinn der Ferien wäre, dann würden vier Wochen auch reichen.

Aber Ferien sind etwas anderes und sollen es auch bleiben. Was für eine wunderbare Verheißung war der Beginn der großen Ferien jedes Mal. Für uns Kinder war es herrlich. Warum sollte man ihnen das jetzt wegnehmen?

Das Argument, die lange Schulfreistrecke schaffe für viele Eltern Betreuungsprobleme, stimmt, aber daran ändert eine teilweise Umschichtung in den Herbst auch nichts. Das Argument der Familienministerin, eine Zerhackung in neue Ferienblöcke würde "ja auch den Tourismus beleben", ist eigentlich nur eine zynische "Ferienverwertung".

Dann gibt es noch jene, die meinen, die Kinder würden unter Langeweile leiden. Sie sollten ihnen lieber helfen, die schöne lange Weile, das unverplante Sein lieben zu lernen. Nie wieder werden sie später im Leben neun Wochen geschenkt bekommen. Einfach so. Nichts muss, alles kann passieren. Es mögen sentimentale Gründe sein für den Erhalt der guten, alten, großen Ferien. Es sind nicht die schlechtesten. Erinnern Sie sich an Ihre Kindersommer ... (Lisa Nimmervoll, 11.8.2016)