Da zittern die morschen Knochen in der Redaktion des freiheitlichen Zentralorgans. "Regierung lässt der Strache-FPÖ kaum noch Luft", diagnostizierte die Kronen Zeitung neulich und ließ offen, ob es ein ängstliches Zittern in identitärer Verbundenheit ist oder ein freudiges ob der regierungsamtlichen Annäherung an die Blattlinie beim Thema Ausländer. Aus langjähriger Erfahrung darf man davon ausgehen, dass die Sorge um die Partei, die einst Publikumslieblinge wie Jörg Haider und Karl-Heinz Grasser hervorgebracht hat, überwiegt. Denn was, wenn es sich am 2. Oktober wieder knapp nicht ausgeht, und die Mitglieder von zwanzig Wahlbehörden als sinnlose Opfer der Korruptionsstaatsanwaltschaft übrigbleiben? (Mit weiteren Anzeigen, die der freiheitliche Kandidat versprochen hat, will er noch zuwarten, vielleicht bis nach dem zweiten Wahlgang, man kann ja nie wissen.)

Auch wenn die laufenden Ereignisse eher für Norbert Hofer zu wirken scheinen, ist die Sache keineswegs entschieden. Was hätte der in den nächsten Wochen auf Kirtagen, Zeltfesten und in Bierzelten für sich herausschlagen können, hätte die offizielle Aufforderung aus der Türkei "Verpiss dich, Ungläubiger" ihm gegolten! Stürme christlich-patriotischer Entrüstung hätten sich daraus mit Kickls Nachhilfe erzeugen lassen. Tempelberg nichts dagegen. Der Bundeskanzler hingegen weiß mit diesem verbalen Ritterschlag gar nichts Lautes anzufangen, er lässt ihn still umso stärker wirken, indem er den Urheber als nicht satisfaktionsfähig abtut. Das begeisterte Lob für Bundeskanzler und Außenminister von Bayerns Ex-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, gespendet für die Forderung nach einem Abbruch türkischer Beitrittsverhandlungen mit der EU, muss die FPÖ im Wahlkampf als chancenmindernd empfinden.

Aber auch Hofer kann im Ausland punkten. Die deutsche Wochenzeitung Die Zeit hat ihn in ihrer letzten Ausgabe unter die "Rechtsextremen" und "benachbarten Antidemokraten" gereiht. Mehr noch. "In Frankreich, Österreich und Amerika könnten alsbald Autokraten an die Staatsspitze gewählt werden", meint das Blatt. Das macht stolz. Ob Marine le Pen und Donald Trump es je werden, ist offen, noch sind sie Möchtegern-Autokraten. Putin, Erdogan, das sind die ausgewiesenen Autokraten von heute. Und nun wird ein kleiner Pinkafelder in einem Atemzug mit ihnen genannt! Was kann einer, der dem Volk das Wundern verspricht, mehr erhoffen, als dass ein angesehenes Medium sein Wahlversprechen derart ernst nimmt?

Einer jedenfalls setzt voll auf Hofer und sein autokratisches Talent – Norbert Steger. Hofer würde, kaum Bundespräsident, Neuwahlen für 2017 ansetzen, und damit die Machtverhältnisse im Land auf den Kopf stellen, verriet er FPÖ-Pläne. Vorausgesetzt natürlich, die Wahl wird nicht angefochten. Parteichef Strache ist auf alles vorbereitet. Er lässt wieder einmal das Gerücht von einer bevorstehenden Hochzeit verbreiten. Sie soll am 3. September in der Stadt Krems begangen werden, und das süße Pärchen will in Tracht heiraten. Diesen Wahlkampfauftritt wird sich Norbert Hofer ganz bestimmt nicht entgehen lassen. (Günter Traxler, 11.8.2016)