Der Eurotunnel verbindet England mit Frankreich.

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Ein behelfsmäßig zusammengezimmertes Restaurant im "Dschungel" von Calais.

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Calais – Eine Mauer soll nun die Flüchtlinge im nordfranzösischen Calais davon abhalten, nach Großbritannien zu gelangen. Wie der französische Radiosender France Bleu berichtete, wurde diese Woche mit der Errichtung begonnen. Das Bauwerk soll vier Meter hoch werden und entlang der am Hafen befindlichen Straße liegen. Finanziert wird das Projekt zur Gänze von der britischen Regierung, insgesamt werden 2,7 Millionen Euro investiert.

Im improvisierten Flüchtlingslager vor Ort, welches auch als "Dschungel von Calais" bekannt ist, schlug die Nachricht über die bald versperrte Route hohe Wellen. France Bleu zitierte den 30-jährigen Erfan aus dem Sudan, der nun über andere Wege nach Großbritannien kommen möchte: "Ich muss nach England weiterreisen. Wie soll ich es anstellen, dorthin zu kommen? Wir werden es mit dem Boot versuchen."

Mehr Tote befürchtet

Für Jean-Claude Lenoir, Präsident der Flüchtlingshilfsorganisation Salam, ist eine "begrünte Mauer" definitiv nicht die Lösung. Man gebe viel Geld für etwas aus, was die Asylsuchenden nicht daran hindern werde, auf Lastwagen aufzuspringen. Auch der bereits bestehende sechs Meter hohe Zaun habe dies nicht geschafft, die erschwerten Bedingungen durch eine Mauer würden lediglich zu einer erhöhten Zahl an Todesopfern führen, warnte er.

Die Idee zur Mauer entlang der Straße von Gravelines stammt nach Angaben des Senders von Jean-Marc Puissesseau. Der Präsident des Hafens von Calais ist für eine Schließung des Flüchtlingslagers. Er zeigt sich auch schockiert über die Methoden, die die Flüchtlinge anwenden, um auf die nach Großbritannien fahrenden Lkws zu gelangen: "Sie finden immer neue Tricks, um die Lastwagen zu behindern. Sie schmeißen jede Nacht Baumstämme, Äste und in Flammen gesetzte Matratzen. Einkaufswagen auf der Autobahn sollen Lastwagen zum Warten zwingen: Dann klammern sie sich fest und steigen auf." Initiiert wurde das Mauerbau-Projekt bereits am 9. Dezember gemeinsam mit Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve.

Verwandte in Großbritannien

Im "Dschungel" von Calais leben nach Behördenangaben rund 4.500 Flüchtlinge, Hilfsorganisationen sprechen dagegen von 7.000 Personen. Es handelt sich zu bedeutenden Teilen um Englisch sprechende Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten, meist bereits mit Verwandten in Großbritannien. Sie hoffen, im Laderaum von Lkws beziehungsweise durch den Eurotunnel unter dem Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen. Einen Asylantrag in Frankreich lehnen die meisten von ihnen ab. An den Zuständen in dem Lager wird immer wieder Kritik laut. (APA, 11.8.2016)