"Gutes Design hat eine Logik", sagt Carlo Clopath, der alltäglichen Gegenständen einen Zauber verleiht.

Foto: Corina Clopath

Sein Arbeitsplatz liegt in Trin, einem kleinen Bergdorf im Kanton Graubünden in der Schweiz. Hier, weit entfernt von den Design-Spots der Schweiz und der Welt, hat sich Carlo Clopath sein Studio in einem alten Haus eingerichtet – schönes Alpenpanorama inklusive. Vor dem Haus, das auf einer kleinen Anhöhe liegt, blüht eine prachtvolle Blumenwiese, ein paar Meter weiter rauscht ein Fluss entlang. Der 30-jährige Designer entwickelt im idyllischen Trin in aller Abgeschiedenheit und Ruhe Objekte, die bereits mehrfach preisgekrönt sind, unter anderem auch 2014 mit dem Swiss Design Award, dem wichtigsten Designpreis der Schweiz.

Die Bündner Heimat schwingt in seinem Design mit – immer. Erinnerungen an die Kindheit in den Bergen sind nicht selten der Ausgangspunkt für seine Entwürfe. Wie in der Küchenutensilien-Serie "Palutta", die unter anderem mit dem Förderungspreis Graubünden ausgezeichnet wurde.

"Ich habe dabei an die Bündner Bauern gedacht, die im Winter ihre Küchengeräte aus Holz selbst geschnitzt haben", sagt Carlo Clopath. In den schlichten und formschönen Küchenaccessoires greift er alte Handwerkstechniken auf, übersetzt sie auf zauberhaft reduzierte Art und Weise ins Zeitgenössische. Der Löffel aus regionalem Ahornholz beispielsweise besteht aus einem einzigen Stück, das gedrechselt und anschließend computergesteuert vollendet wird.

Schüssel aus der Serie Magasin.
Foto: Carlo Clopath

Die Holzteile, die mit den Lippen in Kontakt kommen, sind mit "Urushi" überzogen, einem japanischen traditionellen Lack, der sehr beständig und lebensmittelecht ist.

Clopath gelingt es, aus profanen Alltagsgegenständen wie Löffeln, Schiebern, Brettern und Schalen sinnliche Objekte zu erschaffen, die Geschichten erzählen. Dass sie dabei ganz funktional sind, ist ihm ein Anliegen.

"Gutes Design hat eine Logik", erklärt der Designer. Form und Material müssen dem Zweck dienen, lautet Clopaths Credo. Das Resultat sind perfekt gearbeitete Objekte wie das Aufbewahrungsmöbel "Meisa cun truchet", in dem Clopath das Dampfbiegen neu interpretiert. "Es ist eine Methode, die heute industriell nur noch selten verwendet wird", erklärt er. Der kleine Beistelltisch aus Eschenholz und weißem Corian bietet Platz für zwei Schubladen, die sich auch als Serviertablett nutzen lassen. Sie sind aus einem dampfgebogenen Holzprofil gefertigt. Mit seiner ovalen Grundform macht sich das praktische Tischchen überall im Raum gut.

Clopaths Trolley "Charrin" ist fahrbar und lässt sich mannigfaltig verwandeln.
Foto: Carlo Clopath

Swiss Made

Carlo Clopath ist in Graubünden verwurzelt. Schön früh prägte ihn die Architektur seiner Heimat, die Bauten von Valerio Olgiati, Gion A. Caminada, und Peter Zumthor bezeichnet er als Teil seiner Identität. Zunächst wollte er selbst Architekt werden, entschloss sich dann aber für ein Studium an der renommierten Westschweizer Designschmiede ECAL. Nach seinem Diplom 2012 arbeitete er im Büro der Designerin Cecile Manz in Kopenhagen, im Jahr darauf war er Artist in Residence im Rahmen der dänischen "Statens Værksteder for Kunst" (Danish Art Workshops). 2014 kehrte er in seinen Heimatort zurück und eröffnete sein eigenes Büro.

Auf Clopaths Talent ist bereits ein anderer Bündner aufmerksam geworden: Der Spitzenkoch Andreas Caminada hat für sein Restaurant Schloss Schauenstein einen Servierwagen bei ihm in Auftrag gegeben. Das exquisite Einzelstück "Charrin" (2016) ist ein fahrbarer Trolley, der sich vom Präsentationsregal in einen Arrangiertisch verwandeln lässt. Zwei Handgriffe aus Leder sorgen für den bequemen Transport des kleinen Stahlmöbels. Mit dem schlichten Entwurf wurde Clopath für den Schweizer Designpreis 2016 nominiert. Ebenfalls nominiert war die Accessoires-Serie "Magasin" für Zoom by Mobimex. Auch da stand altes Handwerk aus Clopaths Heimat Pate: Ähnlich wie bei einem gebundenen Fass sind seine delikaten Gefäße und Behälter aus Eschenholz oder Glas aus einzelnen, gleichförmigen Segmenten zusammengesetzt.

Gefäß aus der Accessoires-Serie "Magasin".
Foto: Carlo Clopath

Leichtigkeit

Für Zoom by Mobimex entstand auch der Tisch "Maisa". Klare Formen, eine weiche Linienführung und eine leichte Optik zeichnen den Auszugstisch aus. Auch in diesem schlichten Massivholztisch kommt Clopaths Liebe zum Material und zum handwerklichen Detail zum Ausdruck. Er nutzte für sein Möbel eine raffinierte Konstruktion: "Der Tisch basiert auf historischen chinesischen, später auch skandinavischen Typologien: Zwei Beinelemente – Beine und Querstrebe – werden mit zwei Längsstreben verbunden", erklärt er seine Gestaltungsidee. Er lotete dabei die Grenzen der Verarbeitungsmöglichkeiten von Massivholz aus. Mehrere Monate lang dauerte es, die Winkel und Dimensionen des Untergestells so zu justieren, dass einerseits eine möglichst filigrane Optik, andererseits eine solide Konstruktion entstand. Natürlichkeit und Raffinesse geben im Falle von Clopaths Objekten ein perfektes Miteinander ab.

Von dem jungen Bündner darf man noch viel erwarten. Gerade ist er zurückgekehrt von einer Reise nach Japan: "Mich haben dort vor allem das lebendige Kunsthandwerk und die enorme Sensibilität für einen Gegenstand beeindruckt." Nun tüftelt er an neuen Projekten, in die seine Impressionen aus Japan einfließen. Dabei könnten sich sogar die Japaner von dem Graubündner durchaus etwas abschauen. (Andrea Eschbach, RONDO, 12.8.2016)