Freitagabend wurden die olympischen Spiele in Rio eröffnet. Aber Wien war früher dran: Schon am frühen Morgen wurden Spiele mit Farben und Ringen sportlich gestartet. Das Feuer ließen wir aber weg: Die Parkwächter von Schönbrunn verstehen da nämlich keinen Spaß.

Ok, das mit den Ringen hat nicht so wirklich hingehauen. Aber trotz all dem Foto-Schnickschnack, den Jean-Marie-Welbes beim Laufen in der Regel mitführt: Eine Drohne hat der Wiener Läufer und eines der Masterminds hinter der jeden Donnerstagmorgen in Schönbrunn ein bisserl hügellaufenden Gruppe "Rollover Schönbrunn" noch nicht im Marschgepäck.

Obwohl die Dinger ja mittlerweile so groß und intelligent sind, dass man ihnen das ganze übrige Foto-Gepäck umhängen kann. Wobei das ja gar nicht nötig ist: Wer braucht noch ein Stativ, wenn die Fotodrohne brav über und um einen kreist – und der automatische Bildstabilisator

Foto: Jean-Marie Welbes

Egal. Zumindest dann, wenn man keine Drohne besitzt – und sich in Schönbrunn anders behelfen will, wenn man sich vorgenommen hat, die olympischen Ringe darzustellen. Und genau das hatten sich Welbes und seine Gang: Vergangenen Donnerstag fand schließlich in Rio die Eröffnung der großen Spiele statt.

Und da die Schönbrunner Frühlaufgruppe sich Woche für Woche nicht nur dem Zeitigaufstehen (gestartet wird pünktlich zur Toröffnung um 6 Uhr 30) und dem Serpentinenhügellauf (vom Parkett zur Gloriette und zurück), sondern auch dem Themenlaufen verschrieben hat, hatte Welbes in der Facebookgruppe der Morgenläuferinnen und –läufer als Motto "Olympia" ausgegeben: Fünf Farben, fünf Ringe.

Foto: Thomas Rottenberg

Das mit den Farben war die einfachere Übung. Auf den ersten Blick. Denn einen Flohhaufen von Leuten, die in der Regel nur die Lust am Laufen miteinander verbindet und die einander abgesehen davon oft nicht einmal persönlich kennen, farblich abzustimmen, klingt leichter, als es ist: Sie kennen den Unterschied zwischen Teilnahme-Zusagen zu Facebook-Events und dem tatsächlichen Auftauchen? Eben.

An der Frage, ob ein spezifisches (Lauf)-Shirt grün oder gelb ist, sind schon Beziehungen zerbrochen. (Man kann sogar in einer H&M-Filiale zwei komplett idente, schwarze T-Shirts vom gleichen Stapel vor die Nase gehalten bekommen und aufgrund des Nichterkennens des Unterschiedes als "typischer Maulwurf-mann" etikettiert werden. Aber ich schweife ab.)

Foto: Thomas Rottenberg

Aber so richtig knifflig wird es dann, wenn die Diskussion losgeht, wie man die Ringe dann darstellen möchte. Mein Vorschlag, es mit Rhönrädern zu versuchen, da auf den Verbotstafeln der Bundesgärten zwar so ziemlich alle Sportgeräte punktgenau als im Schlosspark Off-Limits definiert sind, ich bislang aber auf keinem Schild etwas Rhönrad-Artiges gesehen hätte, wurde als "leicht dadaistische Intervention" von der Tagesordnung gestrichen.

Da ich mich ab dem Moment beleidigt aus der Debatte ausklinkte, erfuhr ich erst vor Ort, dass etwa die Hälfte der Diskutantinnen und Diskutanten gar nicht wussten, was ein Rhönrad überhaupt ist. Ich behaupte: Selten hätte sich Erwachsenenbildung leichter und lockerer in den schönen Schönbrunner Lauf-Alltag inkludieren lassen …

Foto: Thomas Rottenberg

Aber in Wirklichkeit ist all das nebensächlich. Denn was da zählte, war der olympische Gedanke. Also der vom Dabeisein, das angeblich Alles ist. Ganz ehrlich: Ich kann diesen Satz nicht mehr hören. Oder lesen.

Denn er ist die erste und damit größte Lüge im nationalen Herumgeeiere um das Thema Olympia: Ginge es auch nur ansatzweise um die Ehre des Dabeiseins, wären ein Valentin Pfeil, ein Lemawork Ketema oder eine Julia Hauser derzeit in Brasilien. Aber da haben Politik, Sponsorinteressen und Medaillenerwartungen schon noch ein Wörtchen mit zu reden. Und nicht nur eines.

Foto: Thomas Rottenberg

In Schönbrunn hingegen war unter dem Signet Olympia tatsächlich das Dabeisein alles: Man rennt gemeinsam und zusammen los, kurvt dann eine halbe Stunde lang so oft und so schnell man kann oder will die Serpentinen rauf und runter – und blödelt sich danach zu einem gemeinsamen Foto zusammen: Wer will kann sich auf den 40 Höhenmetern zwischen der Ebene und dem oberen Teich schon auch voll die Kante geben – aber wer nicht will, kann eben auch gemütlich und plaudernd den frühen Morgen hier genießen.

Foto: Thomas Rottenberg

Wie es zum "Frühlauftreff Rollover Schönbrunn kam" habe ich vor ein paar Wochen hier schon erzählt. Und dass die Motto-Läufer längst nicht die einzigen sind, die hier den Tag begrüßen, ist ohnehin klar: Auf der anderen Serpentine waren am Olympia-Thementag die "Runtasias" beim konzentrierten Hügeltraining zugange, die in meiner Schönbrunner-Morgengeschichte bereits gewürdigte ältere Gymnastin auf der Panoramabank war natürlich ebenfalls hier, ein TV-Team, das für ORF3 eine große Schönbrunn-Doku drehte, freute sich, neben den klassisch-prachtvollen Bildern auch ein paar Schwenks und Einsprengsel aus der Wirklichkeit im Bild zu haben – und abgesehen davon trabten sicher 100 bis 150 andere Läuferinnen und Läufer durch den Park.

Toll. Und sehr fein. Aber "olympisch" – das waren nur wir.

Foto: Thomas Rottenberg

Freilich. Während des Rauf- und Runtergerennes verspielte sich das farblich-thematische Ding dann ein bisserl. Weil sich 25 Nasen in fünf Farben auf so einer Fläche oder Strecke dann doch auch verlieren. Gut so: Das Schloss, der Park und das Panorama sind viel zu imposant, um von so einer kleinen Gruppe dominiert oder definiert werden zu können…

Foto: Thomas Rottenberg

… wobei man da mit einem kleinen bisserl Inszenierung dann schon auch recht nette Effekte erzielen kann. Deshalb lasse ich Sie jetzt mit den Bildern, die Jean Marie Welbes mit der großen SLR und ich mit der kleinen Actioncam gemacht haben, einfach alleine: genießen Sie den Blick auf den Park und seine Bespielung – und fühlen Sie sich eingeladen.

Foto: Thomas Rottenberg

Gerne auch "olympisch": Dabeisein ist alles – auch wenn man zum Laufen derartige Inszenierungen, Themenvorgaben oder Gruppenspiele natürlich nicht wirklich braucht. Aber Spaß macht es trotzdem – und nur darum geht es. (Thomas Rottenberg, 10.8.2016)

Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes
Foto: Jean-Marie Welbes