Annemiek van Vleuten hatte exakt ein Jahr nach ihrer Kollision mit einem Auto erneut Glück im Unglück.

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Rio de Janeiro – Auf den Tag genau ein Jahr später liegt die niederländische Radfahrerin Annemiek van Vleuten wieder im Krankenhaus. Auf der Intensivstation in Rio de Janeiro. Und wohl alle Kolleginnen im Peloton und Radsportfans wünschen ihr, dass van Vleuten wie 2015 wieder sagen wird: "Das ist etwas, womit ich umgehen kann und das wieder okay werden wird und seine Zeit braucht."

Auf der Intensivstation

Die erste Diagnose in einer Klinik in Rio lautete: drei Knochenabsplitterungen an der Lendenwirbelsäule und eine schwere Gehirnerschütterung. Die 33-Jährige sei bei Bewusstsein, könne sprechen und sei trotz ihrer Lage klar im Kopf, teilte der niederländische Verband (KNWU) via Twitter mit. Van Vleuten müsse aber noch für 24 Stunden auf der Intensivstation bleiben. Zuvor hatte der Weltverband UCI – wohl verfrüht – mitgeteilt, van Vleuten habe "anscheinend kein ernstes medizinisches Problem".

Tatsächlich meldet sich die Niederländerin noch am späten Sonntagabend (Ortszeit) via Twitter – und gabt Entwarnung. "Ich bin jetzt im Krankenhaus mit ein paar Verletzungen und Brüchen, aber alles wird gut", schreibt van Vleuten. "Nach dem besten Rennen meiner Karriere bin ich aber vor allem superenttäuscht." Die Niederländerin hofft, noch am Montag aus dem Krankenhaus entlassen zu werden.

Nach ihrem Crash in der letzten Kurve der berüchtigten Abfahrt hinab vom Vista-Chinesa-Pass im olympischen Straßenrennen hatten manche Beobachter mit dem Schlimmsten gerechnet. Zu verstörend waren die Bilder, wie van Vleuten am Sonntag kopfüber über ihr Rad stürzte, auf eine Bordsteinkante krachte und dann zunächst regungslos liegen blieb.

Zum Zeitpunkt ihres Sturzes lag sie wenige Kilometer vor dem Ziel an der Copacabana in Führung, der größte Sieg der Karriere greifbar nah. Dann der Sturz auf einer Abfahrt, die am Vortag auch schon dem auf Goldkurs fahrenden Italiener Vicenzo Nibali zum Verhängnis wurde. "Vielleicht geht man an der Spitze mehr Risiko ein", versuchte sich die spätere Olympiasiegerin Anna van der Breggen in einer Erklärung.

"Mach es für Annemiek"

Die Niederländerin kam als eine der ersten Fahrerinnen an ihrer gestürzten Teamkollegin vorbei. "Es sah nicht gut aus", sagte van der Breggen. Dann habe ihr die am Ende zweitplatzierte Schwedin Emma Johansson zugerufen: "Mach es für Annemiek." Und ich sagte: "Yeah, das ist richtig." Auch Johansson war nach dem "schrecklichen Unfall" schockiert. "Das Peloton ist so klein, und wir kennen uns alle so gut. Wir hoffen einfach, dass sie okay ist", sagte sie.

Horrorsturz 2015

Schon genau vor einem Jahr, am 7. August 2015, hat van Vleuten viel Glück im Unglück. Mit drei geknacksten Rippen, einem gebrochenen Schlüsselbein, stark in Mitleidenschaft gezogener Lunge und Schrammen im Gesicht lag sie im Krankenhaus und ließ nach ihrem Horrorsturz wissen: "Ich hatte viel Glück, dass es nur das war und ich noch am Leben bin."

Damals kollidiert sie während einer Trainingsfahrt in Livigno mit einem Auto. "Es bestand das Risiko eines Pneumothorax", ließ sie über ihr damaliges Schweizer Bigla-Pro-Cycling-Team wissen. Sie wurde noch in Italien umgehend operiert. Drei Wochen später stieg sie bei der Boels-Rental-Ladies-Tour schon wieder aufs Rad und wurde 17. Ob und wann die 33-Jährige diesmal zurückkehrt, bleibt trotz eigener Entwarnung via Twitter ungewiss. (APA/dpa, 8.8.2016)