Eine Mietrechtsreform ist vergangene Woche gescheitert. Nun wird auf eine Einigung im Herbst gehofft.

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Wohnen ist ein Thema, das beschäftigt – wie auch die Diskussionen rund um die vergangene Woche erneut geplatzte Mietrechtsreform zeigten. Einige der im Forum von Usern aufgebrachten Fragen haben wir dem Wohnrechtsexperten Walter Rosifka vorgelegt.

Walter Rosifka: Ich habe einmal ein Verfahren für eine Frau geführt, die 600 Euro Miete gezahlt hat. 380 Euro waren laut Schlichtungsstelle zulässig. Diese Dame ist dann aber aus der Wohnung ausgezogen. Die Frage ist: Welche Miete wurde vom nächsten Mieter verlangt? Wenn wider besseren Wissens wieder 600 Euro verlangt wurden, dann müsste man diesen Sachverhalt bei der Staatsanwaltschaft anzeigen, weil es eine bewusste Täuschung wäre – und das ist Tatbestandsvoraussetzung für einen Betrug.

Eine ähnliche Geschichte gab es schon in den 1990er-Jahren mit den Verwaltungskosten, für die es eine gesetzliche Obergrenze gibt. Da wurde von Hausverwaltern erst zu viel verlangt und einzelnen Mietern dann zurückgezahlt. Und im nächsten Jahr stand derselbe Mieter mit demselben Hausverwalter wieder vor der Schlichtungsstelle. Und der Hausverwalter hat in der Verhandlung wieder ausgesagt, dass er wisse, dass er zu viel vorschreibe. Das ist für mich eindeutig Betrug. Ich habe einen solchen Fall damals bei der Staatsanwaltschaft angezeigt, die aber nichts weiter unternommen hat. Man müsste das einfach wieder ausprobieren und sich dahinterklemmen.

Rosifka: Die bestehenden Richtlinien wurden beispielsweise von der Schlichtungsstelle entwickelt. Das sind aber keine Gesetze. Wir wollen ein neues Richtwertsystem, das auf dem bestehenden aufbaut – das aber die Aufschläge klarer macht. Wenn diese der Art und der Höhe nach im Gesetz stehen, dann kann man dort nachschauen und braucht keine Gerichtsverfahren mehr. Und man braucht auch bessere Sanktionen, wenn Vermieter sich rechtswidrig verhalten. Zum Beispiel könnte man gesetzlich vorsehen, dass das Doppelte dessen zurückgezahlt werden muss, was rechtswidrig eingenommen wurde.

Rosifka: Mietverträge über Wohnungen können grundsätzlich vererbt werden, sagt das allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch – ABGB. Wenn der Mieter verstorben ist, hat aber der Vermieter gegen die Erben ungeachtet der vereinbarten Vertragsdauer ein freies Kündigungsrecht (§ 1116a ABGB). Im Voll- und Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. kann man aber nicht so einfach hinausgeworfen werden, es gibt unter bestimmten Voraussetzungen ein gesetzliches Eintrittsrecht (§ 14 MRG). Ein solches haben beispielsweise Ehepartner, Lebensgefährten, Kinder, Enkel, Geschwister. Eintreten darf man aber nur, wenn man mit dem/der Verstorbenen einen gemeinsamen Haushalt gehabt hat und ein dringendes Wohnbedürfnis besteht. Die Stellung als Erbe berechtigt also nicht automatisch, in das Mietverhältnis einzutreten. Eintreten gegen den Willen des Vermieters geht nur, wenn die Voraussetzungen erfüllt werden. Und einen günstigen Mietzins behalten in der Regel nur Ehepartner oder ein minderjähriges Kind (bis zur Volljährigkeit). Die Mietzinsanhebungsmöglichkeit bei den anderen Eintrittsberechtigten ist aber mit 3,43 Euro pro m² plus Betriebskosten plus USt gedeckelt.

Rosifka: Die sind im Wesentlichen gleich wie der sonstige Bestand. Neuschaffungen von Mietgegenständen in Altbauten, also neue Wohnungen in Zu-, Auf- und Ausbauten fallen in den Teilanwendungsbereich (= freier Mietzins) oder in den angemessenen Mietzins. In generalsanierten Wohnungen bekommt man im Rahmen des Richtwertsystems in der Regel einen Zuschlag, wenn es Erstbezug nach Sanierung oder ein überdurchschnittlicher Zustand ist. Wenn man aber im Bestand durch Zusammenlegungen Wohnungen der Kategorie A oder B schafft, die größer als 130m² sind, "entkommt" man auch dem Richtwertsystem und kann einen angemessenen Hauptmietzins verlangen.

Rosifka: Wenn es sich dabei um keinen Altbau oder geförderten Neubau und um keine Genossenschaftswohnung handelt, dann gibt es keine Obergrenzen; außer vielleicht Wucher, aber das wird in der Praxis von den Gerichten fast nie so beurteilt. Man muss aber immer aufpassen, was man vergleicht: Der Richtwert ist exklusive Betriebskosten und ohne USt – ich nehme an, die Wohnung um 13 Euro netto/kalt ist hingegen inklusive Betriebskosten. Zu den 6,48 Euro Richtwert kommen in Innsbruck vielerorts Lagezuschläge dazu.

Allgemein bemerke ich, dass den Menschen oft nicht klar ist, wovon die Rede ist, wenn man vom Mietzins redet. Der Brutto-Mietzins inkludiert normalerweise den Hauptmietzins plus Betriebskosten plus USt, ohne Heizkosten. Mit Nettomietzins meint man in Österreich in der Regel den reinen Hauptmietzins, da kommen Betriebskosten und Umsatzsteuer noch dazu. Die Deutschen wiederum verwenden andere Definitionen; dort ist "netto/kalt" Miete inklusive Hausbetriebskosten (Müllabfuhr, Hausreinigung, Wasser-, Kanal-, Versicherungen, Grundsteuer, etc) aber ohne Umsatzsteuer und ohne Heizkosten.

In Österreich ist die Unterscheidung von "Miete brutto oder netto/kalt" oder "Miete brutto oder netto/warm" nicht üblich; wohl weil es lange Zeit nicht Usus war, dass der Vermieter über eine Zentralheizung Wärme liefert. Und: Wenn man Miethöhen vergleicht, sollte man wirklich immer auch schauen, was man vergleicht, was alles in der Mietvorschreibung enthalten ist. Manchmal kommt es vor, dass sich Wohnungsmieter beim Vergleich mit der Miethöhe bei Nachbarbauten benachteiligt fühlen; dann aber kommen sie drauf, dass in ihrer Mietvorschreibung auch der Parkplatz und vielleicht doch auch die Heiz- und Warmwasserkosten enthalten sind, beim Nachbarhaus aber nicht. (red, 9.8.2016)