Die neuen Nexus-Smartphones sollen sich durch ein einheitliches Design auszeichnen.

Grafik: AndroidPolice

Bislang gilt: Bei Google gibt es Android in seiner reinsten Form. Während die meisten anderen Hersteller mehr oder weniger tiefgreifende Änderungen am System vornehmen, ist zumindest das Kernsystem bei Nexus-Geräten derzeit praktisch deckungsgleich mit dem was in Form des Source Codes auch allen anderen zur Verfügung steht. Darauf basierend setzt man dann zwar die proprietären Google-Apps auf, aber auch diese können Dritthersteller ebenfalls übernehmen. Nun verdichten sich die Anzeichen, dass Google von diesem Weg zumindest ein stückweit abgehen will.

Die kommende Nexus-Generation soll sich nämlich mit diversen Exklusiv-Features von anderen Herstellern abheben. Darauf weisen jedenfalls diverse in den letzten Tagen durchgesickerte Informationen durch. Neben dem eigenen Nexus Launcher samt integrierter Anbindung an den Google Assistant und dazu passenden, neuen Systemknöpfen soll die Software der kommenden noch andere Zusatz-Features erhalten.

Nachtmodus

So berichtet AndroidPolice davon, dass die 2016er-Modell der Nexus-Reihe unter dem Namen "Night Light" einen eigenen Nachtmodus erhalten sollen. Diese war bereits in frühen Previews von Android 7.0 zu finden, wurde aber später – weitgehend – wieder entfernt. Man sei mit der aktuellen Implementation und deren Performance noch nicht zufrieden hieß es rund um die Entwicklerkonferenz I/O. Warum dieses Feature dann jetzt ein Exklusiv-Comeback geben soll, bleibt angesichts dieser Aussagen offen. Ebenfalls Nexus-spezifisch soll der Ambient Mode bleiben, der schon in aktuellen Geräten zu finden ist. In Android 7.0 soll es zusätzlich möglich sein, diesen Modus gezielt mit einem Doppel-Tap auf den Bildschirm darzustellen.

Proprietäre Einstellungen?

Die tiefgreifendste – und umstrittenste – Änderung ist aber an andere Stelle zu finden: Glaubt man den aktuellen Berichten bekommen Nexus-Geräte erweiterte Einstellungen im Vergleich zum puren Android. Den zentralen Unterschied soll dabei eine Support-Funktion bilden, über die Google den Nutzern auf Wunsch direkt zur Hilfe stehen kann. Wie dies genau ablaufen soll, ist derzeit noch unklar, frühere Leaks hatten aber davon gesprochen, dass die Nutzer bei Problemen ihren Bildschirm mit dem Support teilen können.

Google will die Einstellungen auf neuen Nexus-Smartphones offenbar mit Exklusiv-Features und Support garnieren.
Grafik: AndroidPolice

Ein kursierender System Dump von einem der neuen Nexus-Smartphones scheint dies zu bestätigen, findet sich darin doch ein neues Paket namens SettingsGoogle.apk. Doch damit nicht genug: Auch das SystemUI ist offenbar in einer eigenen, proprietären Version mit dabei, welche Unterschiede hier zu finden sind, ist dabei aber noch unklar. Bleibt abzuwarten, wie es Google künftig mit der Wartung dieser Komponenten hält, und welche Teile wieder in den Source Code von Android zurückfließen. Auch muss sich erst zeigen, ob Google diese Gelegenheit wahrnimmt, um dann künftig zumindest die Einstellungen über den Play Store zu aktualisieren.

Provider-Einfluss?

Der Blogger Evan Blass (@evleaks) will zudem noch ein weiteres Informationsschnippsel in Erfahrung gebracht haben: So sollen die neuen Nexus-Geräte wieder über große US-Provider wie Verizon verkauft werden. Google hat eine reichlich wechselhafte Geschichte mit den Netzanbietern, nachdem gerade Verizon in der Vergangenheit immer wieder zu Verzögerungen bei der Update-Auslieferung gesorgt hat. Derzeit ist es aber natürlich noch zu früh, um beurteilen zu können, wie diese Dynamik künftig funktionieren soll.

Etwas Kopfzerbrechen bereitet aber ein String in dem besagten System Dump, der darauf hinweist, dass die neuen Nexus-Smartphones eventuell bei einzelnen Netzanbietern mit einem nicht entsperrbaren Bootloader ausgeliefert werden könnten. Sollte sich dies bewahrheiten, wäre dies ein grober Bruch mit der bisherigen Google-Policy, die seit Jahren auf entsperrbaren Geräten beharrt. Wer sein Gerät jenseits der Provider erwirbt, sollte das Problem natürlich ohnehin nicht haben.

Hardware

Zu den Hardware-Spezifikationen der kommenden Smartphones war in den letzten Wochen bereits fast alles durchgesickert. Demnach sollen beide praktisch die selbe Ausstattung haben und sich nur über die Bildschirmgröße – 5,0 vs. 5,5 Zoll – sowie Auflösung und Akkugröße von einander unterscheiden. An den aktuellen Leaks fällt allerdings auf, dass hier der Prozessor immer als Qualcomm MSM8996 gelistet ist, das wäre ein Snapdragon 820. Bei AndroidPolice beharrt man hingegen seit längerem darauf, dass es ein Snapdragon 821 – und damit ein neuerer Chip – werden wird. Eventuell waren die ursprünglichen Informationen also falsch – oder aber Qualcomm hat die Modellnummer schlicht nicht geändert, wie es in der Vergangenheit schon einmal bei Snapdragon 800 / 801 der Fall war.

Kamerasensor

Ein weiteres interessantes Fundstück betrifft die Kamera: Wird dort doch als Sensor ein Sony IMX378 gelistet, und damit einer zu dem es öffentlich bislang kaum Informationen gibt. Die Nummerierung lässt aber vermuten, dass es sich dabei um einen Nachfolger des IMX377 handelt, der unter anderem beim HTC 10 zum Einsatz kommt.

Bleibt die entscheidende Frage: Wann werden die neuen Nexus-Smartphones vorgestellt? In der Vergangenheit erfolgte dieser Schritt immer parallel zur Freigabe einer neuen Android-Version. Angesichts dessen, dass Android 7.0 bereits in Kürze veröffentlicht werden soll, scheint dieser Termin aber zunehmend unrealistisch. Auch die Gerüchteküche sprach zuletzt von einem Marktstart Anfang Oktober.

LG V20 vor Nexus?

So könnte die Situation entstehen, dass erstmals seit vielen Jahren ein Nicht-Nexus-Gerät als erstes mit einer neuen Android-Version erhältlich sein wird. Genau so bewirbt denn auch passenderweise LG die für September geplante Markteinführung des LG V20. (Andreas Proschofsky, 7.8.2016)