Lange hat es gebraucht, bis sich die Zahnseide etabliert hat, ein amerikanischer Journalist stellt ihre Wirkung nun in Frage.

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Was in den Zähnen hängenbleibt: Wer sich an Zahnseide gewöhnt hat, kommt nur mehr schwer ohne aus.

Die Sache mit der Zahnseide machte doch eigentlich Sinn. In den Zahnzwischenräumen sammeln sich Speisereste. Die bekommt die Zahnbürste nicht alle raus. Ganz besonders eindrücklich ist es nach dem Maiskolben-Abknabbern zum Beispiel. Auch fasriges Fleisch bleibt manchmal hängen. In all diesen Situationen ist Zahnseide ein Segen. Würde man die Sachen zwischen den Zähnen stecken lassen, würden sie im Mund langsam zersetzt werden. Die dabei entstehende Säure greift den Zahnschmelz an, Karies ist die Folge.

Doch nun wird die Sinnhaftigkeit von Zahnseide in Frage gestellt. Die Diskussion über Wirkung und Nutzen geht von den USA aus. Dort steht "Flossing", der englische Begriff für das Verwenden von Zahnseide, als Empfehlung in den Dietary Guidelines for Americans. Doch alles, was dort enthalten ist, muss auf Evidenz basierten Argumenten stehen. Im Klartext: Der Nutzen einer Empfehlung muss wissenschaftlich belegt sein.

Durch die Evidenzmaschine

Und genau da beginnt das Problem. Der amerikanischer Journalist Jeff Don von der Nachrichtenagentur AP zweifelte den Nutzen an und trat eine Lawine los. Sein Argument: Es gibt kaum Studien über den Nutzen von Zahnseide.

In einer Übersichtsstudie der Cochrane Collaboration wurde 2011 der Frage nachgegangen, inwiefern das Verwenden von Zahnseide einen Zusatznutzen als Zusatz zum Zähneputzen mit Bürste hat. Als Endpunkt wurde die Verminderung von Karies und Zahnfleischentzündnung gewählt.

Insgesamt wurden in dieser Übersichtsstudie zwölf unterschiedliche Untersuchungen inkludiert. Wie die Autoren in ihrer Zusammenfassung betonen, waren die Studien "von schlechter Qualität und die Schlussfolgerungen deshalb auch nicht als zuverlässig. Es zeigte sich allerdings, dass Menschen die Zähneputzen und Zahnseide verwenden, weniger Zahnfleischbluten haben als die, die nur Zähneputzen. Es zeigte sich eine ganz leichte Reduktion von Plaque. Ob sich daraus Karies ergibt, wurde nicht untersucht, dafür fehlte die Datenbasis. Der Beweis steht also noch aus.

Lange noch nicht geklärt

Doch die Diskussion nimmt Fahrt auf. Die amerikanischen Zahnärzte laufen Sturm, verteidigen die Verwendung der Zahnseide und führen eigene Patientenerfahrungen ins Feld. So auch der Vorstand der deutschen Bundeszahnärztekammer Dietmar Oesterreich, der dafür plädiert, weitere Studien durchzuführen, um der Frage wirklich auf den Grund zu gehen.

Im besten Fall wird eine Langzeitstudie an einer großen Patientengruppe gestartet, die Klarheit bringt. Interessant wird sein, welche unabhängige Forschungsgesellschaft sie finanzieren wird. (red, 5.8.2016)

Originalstudie:

Flossing for the management of periodontal diseases and dental caries in adults