Vor dem Wiener Rathaus versammelten sich vergangene Woche dutzende Betroffene. Sie forderten eine Lösung "im Sinne der Kinder". Seither wird verhandelt.

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Wien – Eltern und Pädagogen beklagen eine belastende Situation. Seit mehr als zehn Tagen werden sie im Ungewissen darüber gelassen, wie lange die Alt-Wien-Kindergärten noch geöffnet sein werden. Viele Eltern haben schon mit der Suche nach Alternativplätzen begonnen. Doch von der Stadt erhalten sie auch über die Info-Hotline keine konkreten Ratschläge, wie sie sich in der schwierigen Situation verhalten sollen, kritisieren Betroffene.

Das Problem: Die Stadt kann trotz bis Mittwochmitternacht gesetzter Frist auch am Donnerstag noch keine Auskunft darüber geben, ob sie mit Richard Wenzel, dem Betreiber der Alt-Wien-Kindergärten, der 6,6 Millionen Euro an Fördergeldern veruntreut haben soll, eine Lösung finden wird. Wie berichtet, stellte die Stadt drei Forderungen: neben der Bankgarantie darüber, dass Wenzel das Geld zurückzahlen könne, auch eine Bestätigung über einen neuen Alt-Wien-Vereinsvorstand, sowie die noch ausständige Abrechnung für das Geschäftsjahr 2015.

Wenzel hat offenbar in der Nacht auf Donnerstag Dokumente nachgeliefert und im Rathaus wurden diese am Donnerstag dem Vernehmen nach geprüft. Auf Nachfrage des STANDARD wollte man in der MA 10 aber vorläufig keine Auskunft geben.

Keine "Blankogarantie"

Überraschend hatte Wenzel am Mittwoch von der Stadt Wien gefordert, ihm eine Garantie auszustellen, dass sie weiterhin mit Alt-Wien zusammenarbeiten wird. Darauf hätte seine Bank bestanden. Die Stadt lehnte eine solche "Blankogarantie" jedoch ab.

In den Kindergärten wird unterdessen das normale Programm fortgesetzt, berichtet eine Mutter dem STANDARD. Auch wenn in vier Wochen Schluss sein könnte, finden Ausflüge wie geplant statt. Es geht um rund 2300 Kindergartenplätze, die mit Ende August nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. Alternativen zu finden, könnte schwierig werden, die Stadt hat bereits vergangene Woche angekündigt, die Kindergärten nicht weiterführen zu können.

Eine Möglichkeit wären die SPÖ-nahen Kinderfreunde. Sie fungieren als größter privater Kindergartenträger in der Bundeshauptstadt. Der Verein betreut mit 12.000 Kindern an 160 Standorten deutlich mehr als zehn Prozent des Wiener Nachwuchses. "Wir können ab September noch rund 600 freie Plätze über alle Altersgruppen anbieten", sagte eine Sprecherin auf Anfrage der Austria Presseagentur. Man könne aber nicht einen Platz "gleich ums Eck" versprechen.

Mit etwa 6000 Kindern ebenfalls ein wichtiger Player in der Kinderbetreuung ist die St. Nikolausstiftung der Erzdiözese Wien. Hier könne man ab September 210 freie Plätze anbieten, hieß es. Wobei die größten Kapazitäten für Kinder von zwei bis sechs Jahren bestehen, für Jüngere gebe es nur "vereinzelt" Angebote. In derselben Größenordnung können auch die rund 80 Standorte des Vereins Kinder in Wien (KIWI), die sich um circa 6700 Kinder kümmern, Plätze zur Verfügung stellen. "200 bis 300 sollten wir auf jeden Fall schaffen", meinte Geschäftsführerin Monika Riha. Das Angebot richtet sich an alle Altersgruppen.

Anzeige gegen Wenzel

Alt-Wien-Betreiber Wenzel muss unterdessen mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen – selbst, wenn es doch noch einen Deal mit der Stadt Wien geben sollte. Er wurde bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt. Wenzel soll das Fördergeld in Höhe von 6,6 Millionen Euro zwischen 2009 und 2014 unter anderem für die Renovierung von Immobilien verwendet haben, darunter eine Ballettschule und ein Ferienschloss in Altausee. Beide Einrichtungen nutzten zwar Kinder – die Fördergelder waren aber nicht dafür bestimmt. (rwh, 4.8.2016)