Am Flughafen Wien haben sich Ausländer kräftig weiter eingekauft.

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Wien – Vor der Finanzkrise hatten u.a. große Bankenverkäufe und Bankenzukäufe im Osten die heimische Fusions- und Übernahmestatistik regelmäßig in zweistellige Milliardenhöhen getrieben. Dann sind Mega-Deals deutlich weniger geworden, Kauf- und Verkaufspreise gefallen. Heuer im ersten Halbjahr habe das Übernahmekarussell wieder Fahrt aufgenommen, schreibt das Beratungsunternehmen Ernst & Young (EY).

Kurzfristig könnten Brexit-Votum und neue Konjunktursorgen wieder bremsend wirken, wird hinzugefügt.

Der bis zur Jahresmitte 2016 verzeichnete deutliche Aufschwung am österreichischen Markt für Mergers & Acquisitions (M&A) war vor allem großen Deals um Immobilienfirmen geschuldet. Hier flossen insgesamt 1,5 Milliarden Euro.

Nimmt man die Summen her, die bei Käufen und Verkäufen öffentlich bekanntgegeben wurden, so lag der Transaktionswert bei den von 1. Jänner bis 30. Juni 2016 angekündigten Deals mit österreichischer Beteiligung bei 2,8 Mrd. Euro um fast die Hälfte höher als vor einem Jahr, teilte EY mit. Im ersten Halbjahr 2015 waren es 2 Mrd. Euro gewesen. Allerdings, so wird eingeräumt, geben nur weniger als die Hälfte der Beteiligten Preise bekannt. Die Zahl der Transaktionen legte von 132 auf 182 zu – für EY ist diese Größe aufschlussreicher als die genannten Beträge.

Die Statistik dominiert haben bis Juni wieder prominente Abschlüsse: Größter Deal von ausländischen Investoren in Österreich war die Übernahme von 18,6 Prozent der Buwog durch den Finanzinvestor Sapinda für 352 Mio. Euro. Ausländer haben sich auch am Flughafen Wien kräftig weiter eingekauft: Der australische Fonds IFM hat heuer im Frühjahr über seine Tochter Airports Group Europe in der börsennotierten Flughafen Wien AG Aktienpakete für 173 Mio. Euro erworben.

Immofinanz-Deal größter Abschluss

Der im bisherigen Jahr mit Abstand größte Abschluss – zwischen zwei inländischen Immobilienkonzernen – war die Übernahme von mehr als einem Viertel der CA-Immo durch die Immofinanz. Dabei wechselten Aktien um fast 604 Mio. Euro die Besitzer. In etwas mehr als einem Viertel aller Deals waren heuer in den ersten sechs Monaten sowohl Käufer als auch Zielunternehmen aus Österreich.

Die meisten Übernahmen wurden im ersten Halbjahr 2016 im Industriesektor abgeschlossen, der Immobilienbereich verzeichnet den höchsten Transaktionswert, hieß es von EY am Donnerstag. Mehr als ein Drittel aller Transaktionen in Österreich ging auf das Konto deutscher Investoren.

Das Umfeld für einen starken Transaktionsmarkt hält EY-Partnerin Eva-Maria-Berchtold weiter positiv: Wegen der niedrigen Zinsen sei momentan "enorm viel Liquidität im Markt". Auch wenn eingetrübte Konjunkturaussichten und die – vom Brexit-Votum befeuerte – Unsicherheit an den Finanzmärkten für einen kurzfristigen Dämpfer sorgen können, erachtet die Expertin das Klima im österreichischen M&A-Markt als vielversprechend. Robert Hufnagel, Geschäftsführer M&A Advisory bei EY Österreich, sieht durch die Digitalisierung Firmen jeder Größenordnung unter Zugzwang, ihre Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen. Viele sähen sich auch zu radikalen Maßnahmen, wie Abspaltungen ganzer Geschäftssparten, gezwungen. Viele Deals seien "Rückzugsgefechte", sagte er zur APA. Manches, das teuer eingekauft wurde, wird billiger wieder abgestoßen. (APA, 4.8.2016)