Hillary Clinton ist also an Donald Trump vorbeigezogen und wieder Umfragekönigin – verdientermaßen, denn sie hat ihren problematischen Wahlparteitag mit Bravour absolviert. Gleichzeitig hat Trump mit seiner Häme gegen US-Kriegshelden und mit erschütternder Ahnungslosigkeit bei außenpolitischen Themen dafür gesorgt, dass sich nun auch Staatspräsidenten im In- und Ausland große Sorgen machen – und zwar ganz offiziell.

Doch wer nun glaubt, Trump habe den Bogen überspannt und nun wäre Clinton der Sieg sicher, der könnte irren: Denn Trumps Wähler sind nicht einfach "die Republikaner", wie man sie seit Nixon, Reagan und den Bushs kennt, deren Entscheidung zwar ihrer Weltanschauung, letztlich aber auch nüchtern-rationalen Überlegungen folgt. Nein: Trumps Wähler, die den Unterschied ausmachen könnten, sind jene, von denen man noch nie etwas gesehen hat; die sich noch nie am politischen Diskurs beteiligt haben; die sich noch nie haben registrieren lassen.

Diese Menschen treffen ihre Wahlentscheidung für Trump nicht wegen der Parteiideologie und nicht nach Abwägung von Fakten oder in der Hoffnung auf Vorteile, sondern aus dem Bauch heraus – dort sitzt die Wut: die Wut auf "das System", dem sie die Schuld für ihre Probleme geben. Diesen Reflex kann Trump triggern wie kein anderer. Wir könnten uns noch wundern, was alles geht für Trump, ohne dass er tatsächlich Schaden nimmt. (Gianluca Wallisch, 3.8.2016)