Technikerinnen sind ähnlich selbstbewusst wie Techniker, wenn´s um die Gehaltsforderung an den Arbeitgeber geht. Wirtschafts-Absolventinnen in Österreich geben es aber rund 19 Prozent "billiger" als ihre Kollegen, sagt die trendence-Umfrage.

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Vielleicht liegt es an der Auswahlliste der Befragung, aber: Google bleibt der beliebteste Arbeitgeber der europäischen Absolventen. Volkswagen hingegen büßt seinen zweiten Platz aus dem Vorjahr ein und muss Apple im Ranking der beliebtesten Arbeitgeber der Wirtschaftswissenschafter vorbeiziehen lassen sowie Microsoft bei den Ingenieuren und Informatikern.

Auch vier österreichische Unternehmen schaffen es unter die 100 beliebtesten Arbeitgeber Europas. Zu diesen Ergebnissen kommt das trendence Graduate Barometers 2016, eine Absolventenstudie in Europa unter mehr als 300.000 abschlussnahen Studierenden aus 24 Ländern. Wo der so genannte Gender Pay Gap beginnt wird aus dieser Umfrage auch ersichtlich: Noch vor dem tatsächlichen Start ins Berufsleben – Frauen haben nämlich deutlich niedrigere Gehaltswünsche.

Wirtschafterinnen: 19 Prozent "billiger"

Die europäischen Wirtschaftsstudentinnen verlangen im Schnitt ein Viertel weniger Gehalt als ihre Kommilitonen. Damit legen sie schon beim Jobeinstieg den Grundstein für die Gender Pay Gap. Am ausgeglichensten sind die Gehaltswünsche in Irland und Großbritannien. Die Türkei liegt auf Rang 3 und damit deutlich vor den Ländern der DACH-Region. Österreich belegt den 18. von 24 Plätzen: Die Wirtschaftsstudentinnen verlangen hierzulande 19,0 Prozent weniger Gehalt als ihre Kommilitonen.

Bei den Technikern sind die Gehaltswünsche zwischen Frauen und Männern etwas ausgeglichener: Die Technikerinnen in Europa geben sich mit 20,6 Prozent weniger Gehalt zufrieden als ihre Kommilitonen. Österreich liegt mit einer Differenz von 17,3 Prozent auf Rang 17.

IT-Branche überzeugt mehr Absolventen

IT-Unternehmen zählen in diesem Jahr zu den Gewinnern unter den Wunscharbeitgebern der europäischen Absolventen, allen voran Microsoft. Der US-amerikanische Soft- und Hardwarehersteller steigt in der Gunst der Techniker von Rang 3 auf Rang 2 und bei den Wirtschaftswissenschaftern vom 10. auf den 6. Platz.

"Microsoft hat in den einzelnen europäischen Ländern nationale Strategien entwickelt. Das erlaubt es dem Unternehmen, flexibel auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Absolventen in den Ländern einzugehen, statt starr zentralen Vorgaben zu folgen", erklärt trendence-Experte Bernhard Vierhaus den Erfolg von Microsoft. Im Ranking der beliebtesten Arbeitgeber der Techniker befinden sich mit Google, Microsoft, Apple und IBM insgesamt vier IT-Unternehmen in den Top 10.

Weniger Bewerber bei Wirtschaftsprüfungen

Die Top 10 der beliebtesten Arbeitgeber der Wirtschaftswissenschaftler werden weiterhin von den Big 4 dominiert, allerdings entscheiden sich aktuell weniger Absolventen für einen Einstieg bei den Wirtschaftsprüfungen als noch vergangenes Jahr. EY und KPMG verlieren jeweils über zwölf Prozent ihrer potenziellen Bewerber.

"Derzeit können wir einen spannenden Wettbewerb zwischen den vier großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen beobachten", so Bernhard Vierhaus. PwC ist erstmals seit 2011 wieder beliebtester Arbeitgeber der Branche vor EY; Deloitte überholt KPMG. Die klassischen Wirtschaftsberatungen wie McKinsey und BCG steigen hingegen in der Gunst der Absolventen, und zwar nicht nur bei den Wirtschaftswissenschaftern, sondern auch Ingenieure und Informatiker sind zunehmend davon überzeugt, dass ihnen die Beratungen attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten.

Vier österreichische Unternehmen unter den Top 100

Mit Red Bull, der Ersten Bank, der Raiffeisen Bank und der Strabag zählen vier einheimische Unternehmen zu den Wunscharbeitgebern der Europäer und belegen Plätze im Mittelfeld der Rankings. Besonders die Strabag und die Erste Bank steigen in der Gunst der Absolventen.

Die Strabag ist vor allem bei vielen Osteuropäern populärer geworden, beispielsweise in Polen, Rumänien, der Slowakei und Tschechien. "Das liegt zum einen an der guten Geschäftsentwicklung der Strabag, die Absolventen mit sicheren Jobs und guten Perspektiven verbinden", so trendence-Experte Bernhard Vierhaus. "Zum anderen investiert die Strabag auch intensiv in das Recruiting, um dem steigenden Wettbewerb um die besten Talente in der Baubranche entgegenzuwirken. Diese Investition zahlt sich jetzt aus." Die Erste Bank kompensiert ihre Verluste in Österreich mit Top-Positionen in Ländern wie Rumänien (Rang 2) und Tschechien (Rang 5).

Gründergeist

Ein Viertel der europäischen Absolventen will nach dem Studium ein Start-up gründen – und geht damit den Unternehmen als Mitarbeiter verloren. Die meisten Gründungswilligen kommen aus Osteuropa. Die österreichischen Wirtschaftswissenschafter hingegen gehören zu den Gründungsmuffeln Europas: Sie belegen Platz 20 im Ranking der gründungswilligsten Absolventen. Bei den Ingenieuren und Informatikern sieht es etwas besser aus. Hier landen die Österreicher auf Rang 13 von 24 Ländern. (red, 4.8.2016)