Wien – Dariusz K. hat drei Menschen erstochen. Und sitzt dennoch nicht als Angeklagter vor dem Geschworenengericht unter Vorsitz von Nina Steindl. Denn er ist ein "Betroffener", es geht nicht um Schuld und Strafe, sondern um die Frage, ob der an paranoider Schizophrenie leidende 30-Jährige in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden soll.

In der Bewertung der Vorfälle herrscht seltene Einmütigkeit. "Eine grausame und abscheuliche Tat" nennt selbst sein Verteidiger Victor Valent den Mord an einem Pensionistenehepaar in Wien-Donaustadt im Mai 2015. "Auch ein Psychiater versteht nicht, was in so einem Menschen vorgeht", sagt Sachverständiger Karl Dantendorfer.

Mord in Göteborg

Der Pole hat im Laufe der Jahre schon 14 Vorstrafen in ganz Europa gesammelt. Zum ersten Mal tötete er im April 2015 einen Menschen. In Göteborg war er in ein Haus eingebrochen. Aber nicht primär, um zu stehlen, wie Staatsanwältin Kristina Jahn berichtet. "Er hat seine Wäsche gewaschen, geduscht, gegessen."

In Schweden kam der Hausbesitzer zurück, K. stach ihn nieder. Mit dem Blut des Opfers schrieb er noch "Tantal" auf den Boden. Die Vorsitzende will wissen, was das bedeutet. "Das ist ein griechischer Gott, der verflucht wurde. So wie ich verflucht bin", sagt er über die mythologische Gestalt Tantalos.

Auch in Wien-Donaustadt wählte er ein abgelegenes Haus, in dem das Ehepaar lebte. Sein Einbruchsversuch wurde bemerkt, der Pensionist ging in den Garten nachschauen.

38 Schnitt- und Stichwunden

Als das Opfer mit dem Rücken zu ihm stand, stach der Kranke zu. 38 Verletzungen zählte der medizinische Gutachter Christian Reiter im Kopf-, Hals- und Schulterbereich, 17 Abwehrverletzungen an Händen und Armen kommen dazu.

Auch die Frau kam aus dem Haus. K. stach sie ebenso nieder, schleppte sie auf die Terrasse, vergewaltigte sie. Danach ging er ins Haus, duschte, wusch seine Wäsche, aß. Als er wieder ging, bemerkte er, dass die Frau im Sterben lag, aber noch lebte, und tötete sie endgültig.

Steindl will von ihm noch mehr wissen, wie sich seine Geisteskrankheit ausdrückt. K. erzählt folgende Geschichte: "Ich habe mir einmal ein erotisches Programm im TV angesehen. Plötzlich habe ich gedacht, die Person im Fernseher spricht mich an und sagt mir, wenn ich dreimal an die Tür klopfe, kommt sie." Er befolgte die Anweisung. "Und? Ist sie gekommen?" – "Nein."

Keine Krankheitseinsicht

"Glauben Sie, dass Sie krank sind?", fragt ihn die Vorsitzende. "Mir scheint es nicht, dass ich krank bin. Ich habe nur Probleme mit der Wirklichkeit", lautet die etwas verwirrende Antwort. "Könnte es sein, das Sie so was wieder machen?" – "Ja."

Psychiater Dantendorfer gibt eine pessimistische Prognose ab, stellt für die Geschworenen aber klar: "Hier sitzt ein kranker Mensch, aber kein böser." Die Geschworenen sehen das natürlich auch so und entscheiden einstimmig und rechtskräftig auf eine Einweisung. (Michael Möseneder, 3.8.2016)