Das Eingreifen der US-Luftwaffe im libyschen Sirte erfolgte später als erwartet: Seit Monaten sind die militärischen Pläne dafür vorhanden sowie die Einsicht, dass Libyen nicht zum sicheren Hafen für Migranten aus dem schrumpfenden "Islamischen Staat" in Syrien und im Irak werden darf. Überraschenderweise war es libyschen Kräften, mit Unterstützung von möglichst unsichtbaren Spezialkommandos aus den USA und EU-Staaten, nicht nur gelungen, die Ausbreitung des IS zu stoppen, sondern ihn sogar zurückzudrängen. Nun steckte die Offensive jedoch fest: zermürbend für die Libyer, eine Chance für die sich immer wieder selbst erneuernden Jihadisten.

Für Regierungschef Fayaz al-Serraj muss es eine Wahl zwischen Pest und Cholera gewesen sein: Vergibt er die Gelegenheit, den IS zu schlagen, oder holt er die USA zu Hilfe? Beides beschädigt seine Legitimität. Noch immer ist die unter Uno-Vermittlung zustande gekommene libysche Führung nicht von allen politischen Kräften in Libyen anerkannt. Ein Argument gegen sie ist ihre Schwäche – ein anderes, dass sie eine ausländische Marionette ist.

Aber auch für die US-Führung ist das neue Engagement in Libyen, das länger dauern könnte, ein entscheidender Moment. Die USA sahen sich 2011, als Muammar al-Gaddafi gestürzt wurde, eher im Hintergrund. Das war nicht aufrechtzuerhalten. Der Friedensnobelpreisträger Barack Obama kehrt auf den Kriegsschauplatz Libyen zurück. (Gudrun Harrer, 2.8.2016)