Seit 2013 können reiche Nicht-EU-Bürger für Geld das Niederlassungsrecht für Ungarn erlangen. Der Betreffende muss dafür ungarische Staatsanleihen im Wert von 300.000 Euro erwerben, die er nach fünf Jahren sogar mit etwas Zinsen zurückbekommt. Der Vorteil liegt auf der Hand: Mit der Niederlassung in Ungarn können sich auch visapflichtige Nicht-EU-Bürger frei im EU-Raum bewegen. Der Konstruktion haftete von Anfang an der Hauch von Intransparenz und Korruption an.

Nach Recherchen des Internetportals 444.hu sah sich die liberale Oppositionspartei Együtt (Gemeinsam) am Dienstag dazu veranlasst, Anzeige zu erstatten. Das Portal will herausgefunden haben, dass allein in den Jahren 2013 und 2014 insgesamt 2347 Menschen aufgrund des Programms ein Niederlassungsrecht erhielten, obwohl nur 2213 "Nieder lassungs-Obligationen" verkauft wurden. Für den Überschuss von 134 Bleiberechtstiteln gebe es keine schlüssige Erklärung, so das Portal. Együtt spricht in der Anzeige von "Verdacht auf Betrug".

Zahlungskräftige Kundschaft

Das Programm wendet sich vor allem an Geschäftsleute aus China, Russland und Vietnam. Insgesamt erhielten seit seinem Beginn 3649 Nicht-EU-Ausländer den begehrten Bleibetitel im EU-Land Ungarn. Kritiker warnen vor Sicherheitsrisiken durch die quasi freihändige Vergabe des Niederlassungsrechts an zahlungskräftige Kundschaft. Das Budapester Innenministerium versuchte, diese Bedenken am Montag mit einem Dementi zu zerstreuen.

Im Raum stehen weiterhin schwere Korruptionsvorwürfe. Die Niederlassungswilligen kaufen ihre Obligationen nicht beim ungarischen Staat, sondern bei dazu ermächtigten Agenturen. Diese kassieren Provisionen von bis zu 60.000 Euro pro Kandidat und sind in Steueroasen wie den Cayman-Inseln registriert. Die tatsächlichen Profiteure, so ungarische Medien, seien Regierungspolitiker und ihr Anhang. Genannt werden in diesem Zusammenhang Antal Rogán, der Kabinettschef des rechtspopulistischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, sowie der informelle Orbán-Berater Árpád Habony. (Gregor Mayer aus Budapest, 2.8.2016)