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Viel Platz bieten derzeit türkische Strände – mehr als eine Million Reservierungen wurden nach dem Putschversuch zurückgezogen

Foto: REUTERS/Kaan Soyturk

Istanbul – Der Putschversuch in der Türkei hat die Wirtschaft des Landes laut Regierungsangaben Milliarden gekostet. Wenn alles zusammengerechnet werde, ergebe sich ein Betrag von "mindestens 300 Milliarden Lira" (90 Milliarden Euro), sagte Handelsminister Bülent Tüfenkci laut Presseberichten am Dienstag.

Er zählte demnach unter anderem "Kampfflieger, Kampfhubschrauber, Waffen, Bomben" und zerstörte Gebäude auf. Hinzu kämen abgesagte Warenbestellungen und Reisen aus dem Ausland.

Die Gesamtsumme könne mittelfristig noch steigen, sagte Tüfenkci. "Leider haben die Putschisten die Türkei wie ein Dritte-Welt-Land aussehen lassen, mit Panzern auf den Straßen", beklagte er.

Eine Million Reservierungen zurückgezogen

Dem Minister zufolge wurden nach dem Putschversuch eine Million Reservierungen im Tourismussektor zurückgezogen. Dies ist laut Tüfenkcis Worten aber vor allem darauf zurückzuführen, dass die Regierung rund drei Millionen Beamten den Urlaub strich.

Für die Tourismusbranche in der Türkei ist das ein weiterer Rückschlag. Vor dem Hintergrund mehrerer Anschläge sowie Spannungen mit Russland war die Zahl der ausländischen Gäste in dem Land im Juni um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gefallen. Wie genau sich der Mitte Juli erfolgte Putschversuch auf die Branche auswirkt, bleibt abzuwarten.

Minister Tüfenkci betonte, die Lage sei nach dem Umsturzversuch schnell unter Kontrolle gewesen. Es sei auch nicht notwendig, Daten zu den Exporten oder zum Wirtschaftswachstum zu korrigieren. "Der Tourismus wird ab jetzt ebenfalls kräftig zulegen", sagte Tüfenkci voraus.

Vorgehen gegen Gülen gefordert

Der türkische Parlamentspräsident Ismail Kahraman hat indes dazu aufgerufen, weltweit gegen Aktivitäten des Predigers Fethullah Gülen vorzugehen. Die Gülen-Bewegung solle, da wo sie aktiv sei, zur Terrororganisation erklärt werden, sagte Kahraman am Dienstag vor Journalisten in der Hauptstadt Ankara. Dazu gehöre auch die Schließung von Gülen-Einrichtungen in Deutschland.

Die türkische Führung macht den im US-Exil lebenden Prediger für den Putschversuch vom 15. Juli verantwortlich. Kahraman bezeichnete Gülen als "Anführer, Drahtzieher und Koordinator" des Putschversuchs. "Jeder hat gesehen, in welchem Ausmaß sie zum Bösen fähig sind", sagte er. Kahraman gehört der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP an.

Auslieferung

Die Gülen-Bewegung gilt in der Türkei als Terrororganisation. In der Türkei wurden seit dem Putschversuch Gülen-Einrichtungen geschlossen und tausende Menschen festgenommen oder entlassen, denen Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen werden.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte vergangene Woche die Auslieferung von in Deutschland lebenden türkischen Gülen-Anhängern gefordert. (APA, 2.8.2016)