Wenn zusammen mit Nitrat auch Vitamin C aufgenommen wird, bildet sich kein Nitrosamin. Die meisten pflanzlichen Lebensmittel enthalten von Natur aus genug Vitamin C.

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Blattgemüse wie Rucola und Spinat gilt wegen seines hohen Nitratgehalts als problematisch. Doch der geächtete Inhaltsstoff hat auch gesundheitsfördernde Eigenschaften. Das belegt eine kürzlich veröffentlichte Studie der Universität Hohenheim und des Universitätsklinikums Würzburg. Nitrat aus einem handelsüblichen Gemüsesaft kann den Verlauf chronischer Zahnfleischentzündungen bereits nach nur zwei Wochen spürbar verbessern.

Nitrat spielt eine wichtige Rolle bei Wachstum und Gesundheit von Pflanzen. Es reichert sich in den Blättern an. Blattgemüsearten wie Rucola, Spinat, Mangold und verschiedene Blattsalate zählen zu den bedeutsamsten Nitratquellen in der Ernährung des Menschen.

"Nitrat an sich ist nicht gesundheitsschädlich", erklärt Lebensmittelwissenschafter Reinhold Carle von der Universität Hohenheim. Allerdings hat der Verzehr von nitratreichen Lebensmitteln bisher als kritisch gegolten, weil Verdauungsprozesse Nitrat unter gewissen Umständen zu Nitrit, Stickoxiden und sogenannten Nitrosaminen umsetzen. "Insbesondere Nitrosamine gelten als stark krebserregend und werden mit der Entstehung von Speiseröhren- und Magenkrebs in Verbindung gebracht."

Blattgemüse kombiniert mit Vitamin C

Studien der letzten Jahre haben beim Verzehr von nitratreichem Blattgemüse aber zunehmend gesundheitsfördernde Effekte beobachtet. Denn: "Wenn zusammen mit dem Nitrat auch Vitamin C aufgenommen wird, unterbleibt die Nitrosaminbildung", erklärt Ralf Schweiggert von der Universität Hohenheim.

Dies ist in der Regel auch der Fall: "Pflanzliche Lebensmittel enthalten meist ausreichende Mengen an natürlichem Vitamin C. Deshalb müssen wir die Nitrataufnahme aus Blattgemüsen ganz anders bewerten als bei gepökelten Fleischwaren, denen die Zusatzstoffe Nitrat beziehungsweise Nitrit hinzugefügt werden."

Dass dieses Nitrat aus Gemüsepflanzen sogar gesundheitsfördernde Eigenschaften entfalten kann, zeigte das Team um Carle jetzt gemeinsam mit dem Parodontologen Ulrich Schlagenhauf vom Universitätsklinikum Würzburg in einer kürzlich veröffentlichten Studie im "Journal of Clinical Periodontology".

Nitrat gegen Zahnfleischentzündung

Die Forscher teilten insgesamt 44 Teilnehmer mit chronischer Zahnfleischentzündung in zwei Gruppen. Die erste Gruppe von 21 Personen verzehrte dabei über einen Zeitraum von zwei Wochen dreimal täglich ein von Carle und seinem Team entwickeltes Placebo-Salatsaftgetränk. Aus dem Placebogetränk wurde das natürlicherweise enthaltene Nitrat durch ein spezielles Verfahren entfernt. Die zweite Gruppe von 23 Personen erhielt in gleichen zeitlichen Abständen das identische Testgetränk mit der ursprünglich enthaltenen Menge an Nitrat.

Schlagenhauf und die Zahnärztin Yvonne Jockel-Schneider vom Universitätsklinikum Würzburg untersuchten die Probanden jeweils vor Beginn der Studie sowie erstmals nach 14 Tagen. "Wir waren erstaunt über die Unterschiede", stellt Schlagenhauf fest. "Bereits nach zwei Wochen waren deutliche und statistisch signifikante Verbesserungen bei den Zahnfleischentzündungen unserer Patienten zu beobachten. In der Placebogruppe, also in der Gruppe, in der das Nitrat im Testgetränk entfernt wurde, konnten wir hingegen keine Verbesserung feststellen."

Den Wirkmechanismus erklären die Forscher folgendermaßen: Mit der Nahrung konsumiertes Nitrat wird rasch im Magen und dem oberen Dünndarm aufgenommen und anschließend über das Blut zu den Speicheldrüsen transportiert. Ein gutes Viertel des aufgenommenen Nitrats wird dort in den Speichel abgegeben. Auf diese Weise ist die Nitratkonzentration im Mundraum nicht nur beim Trinken des Salatsaftgetränks, sondern auch über einen längeren Zeitraum danach deutlich messbar erhöht.

Nitrit wirkt antimikrobiell

Bestimmte Bakterien, die im gesamten Rachenraum und insbesondere in den Zahnzwischenräumen vorkommen, wandeln das Nitrat in Nitrit um. Dieses wirkt einerseits selbst antimikrobiell und könnte durch die Hemmung schädlicher Bakterien direkt einen Beitrag zur Linderung der Zahnfleischentzündung leisten.

Andererseits wird es zu Stickstoffmonoxid (NO) umgewandelt. Letzteres gilt als blutdrucksenkend, durchblutungsfördernd und kann im Körper entzündungshemmende Prozesse auslösen.

"Die Studienergebnisse dürften auch die Gesundheitsdebatte über Nitrat aus pflanzlichen Lebensmitteln neu befeuern", mutmaßt Carle. "Weder die Weltgesundheitsorganisation noch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit raten übrigens vom Verzehr von Blattgemüsen ab, insbesondere wenn man sich nicht ausschließlich auf besonders nitratreichen Rucola beschränkt, sondern verschiedene Blattsalate und -gemüse ausgewogen zusammenstellt und zubereitet." (red, 8.8.2016)