Wahlplakate in Tokio, wo am Sonntag gewählt wird.

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Eineinhalb Monate nach der Oberhauswahl müssen die Bürger in Tokio schon wieder an die Wahlurne. Sie müssen außerplanmäßig einen neuen Gouverneur wählen, nachdem der bisherige, Hiroya Masuzoe, wegen seiner aufwendigen Lebensweise – Flüge in der First Class und Familienaufenthalte in Luxushotels auf Präfekturkosten – zurücktreten musste.

Das Rennen findet zwischen drei Kandidaten statt. Yuriko Koike, Unterhausabgeordnete und ehemalige Umwelt- und Verteidigungsministerin, hat ihre Kandidatur bereits früh angekündigt. Sie wäre die erste Frau in diesem Amt in Tokio. Doch Koike hat in der Liberaldemokratischen Partei (LDP) einen schweren Stand, gehört sie doch zu den Gefolgsleuten von Premier Shinzo Abe. Die 64-Jährige steht auch Ex-Premier Junichiro Koizumi nahe – und damit macht man sich in der LDP nicht gerade beliebt. Deshalb ist auch Hiroya Masuda, ehemaliger Gouverneur der im Norden Japans gelegenen Präfektur Iwate, der offizielle LDP-Kandidat.

In einem Rundschreiben forderte die Tokioer LDP-Führung ihre Parteimitglieder dazu auf, ihre Familienmitglieder dazu zu bringen, für den Kandidaten Masuda zu stimmen. All jene, die sich widersetzen, wird der Ausschluss aus der Partei angedroht. Woraufhin Ex-Premier Koizumi wiederum die mangelnde demokratische Kultur der Partei kritisierte.

Koika versus Masuda

Die Arabistin Koike, die in Kairo studiert hat und als Übersetzerin und politische Moderatorin im Fernsehen gearbeitet hat, passt – obwohl durchaus konservativ – in ihrer weltgewandten Art nicht ins Schema der Abe-Partei. Masuda kann auf mehr als zwölf Jahre administrative Erfahrung in der Führung einer Präfektur verweisen. Er gehörte in seiner Amtszeit zu einem Trio reformorientierer Gouverneure, die sich für mehr Selbstbestimmung der Präfekturen einsetzten. Masuda wirkt in seinem Auftreten wie ein farbloser Bürokrat. Die Tatsache, dass er sich von der LDP-Führung zur Kandidatur überreden lassen musste, spricht nicht dafür, dass er eine eigenständige Politik verfolgen würde.

Shuntaro Torigoe ist der Kandidat der politischen Opposition. Er wird von der Mehrheit der Demokratischen Partei sowie von der Kommunistischen Partei unterstützt. Allerdings ist er schon 76 Jahre alt und hat mehrere Krebsoperationen hinter sich. Er hat sich in den vergangenen Monaten vor allem durch seinen Kampf gegen die Einschränkung der Pressefreiheit in Japan hervorgetan.

In den Umfragen liegt Koike vorne. Viele LDP-Führungsleute haben sich mittlerweile im Wahlkampf hinter Masuda gestellt, um Koikes Sieg zu verhindern. Appelle an Premierminister Abe, sich ebenfalls im Wahlkampf zu engagieren, blieben aber erfolglos. Er macht Urlaub.

Bemerkenswert ist in den Umfragen, dass ein Teil der Wähler der Demokraten und der Kommunisten für Koike stimmen wollen: Als Gründe werden genannt, dass sie eine Frau ist und gegen den Willen der LDP-Führung kandidiert. (Siegfried Knittel aus Tokio, 30.7.2016)